Indien

Fazit

Nach Mumbay, Kalkutta, Delhi und knapp 4000 Kilometern Fahrt durch Nordindien, konnten wir einen Monat lang intensive Eindrücke von Indien gewinnen. Der Einstieg war heftig, der Kulturschock hat uns hart getroffen. Mit den großen Städten zu beginnen, war vielleicht auch nicht der beste Weg in diese Kultur einzutauchen. Wir hatten allerdings auch nicht damit gerechnet, dass die allermeisten Unterkünfte, die als gut angepriesen wurden, sich für unsere verwöhnten europäischen Augen als schmierige Löcher herausstellten. Also keine Komfortzone nach einem Tag Kulturerlebnis auf indisch. Im Gegenteil, die recht schwierige Suche nach sauberem Essen endete manchmal bei Gerstensaft in Flaschen oder Dosen (immerhin meistens schön kalt) und ordentlich verpackten Keksen. 

Nachdem wir am liebsten schon frühzeitig die Reißleine gezogen hätten, indem wir den nächstbesten Flug raus aus Indien genommen hätten, freuen wir uns geblieben zu sein. Wir durften mit Rakesh durch Rajasthan reisen und haben sogar noch eine Woche Nordindien mit ihm zusammen drangehängt.

Beeindruckend waren die vielen bunten Sarees und Turbane, die schönen Tempel und Paläste, die unterschiedliche, teilweise bizarre Landschaft, die Tuktuks und Rikshas, die Märkte, die übervollen Fahrzeuge, die Kamele, Elefanten und Affen, die vielen Kühe, die bunten Häuser, das Treiben auf der Straße, die vielen Verkaufsstände und Buden mit den ordentlich aufgetürmten Waren, die Garküchen am Wegesrand und ab und an auch das indische Essen. Beim gemeinsamen Kochen mit Rakeshs Frau konnten wir lernen, wie die vielen unterschiedlichen Gewürze in die Töpfe kommen. Hier hat es uns richtig gut geschmeckt! Die oft nervigen Händler und Schlepper wurden später einfach links liegen gelassen oder müde belächelt, was nicht bedeutet, dass sie uns dann in Ruhe ließen. Aber es war einfach egaler geworden.

Nun sind wir froh raus zu dürfen, dem Müll, Dreck und Lärm zu entkommen und wieder von sauberem Geschirr essen zu dürfen. Die vielen Fotos und die Erfahrungen werden uns an eine äußerst erlebnisreiche Zeit erinnern, in der wir viele faszinierende aber auch abstoßende Dinge sehen durften. Ständig sind wir an unsere Grenzen des Wohlfühlens gestoßen. Dabei waren unsere Ansprüche aus unserer Sicht nicht besonders hoch. Eine einfache Unterkunft (Zimmer/Zelt/Hütte) mit SAUBERER, UNBENUTZTER Bettwäsche, ein funktionierendes einfaches Bad und SAUBERES Geschirr (aus Porzellan/Blech/Holz o.ä.) hätten den Wohlfühlfaktor um ein Zigfaches steigern können. Das hat Indien nur ab und zu mal geschafft. Der Schmuddel hat uns jeden Tag genervt. Weniger der auf der Straße, aber der im Bett und auf dem Teller! Darauf hätten wir gut verzichten können.

Würden wir wiederkommen? Jein! Mit etwas Pause vielleicht, aber es gibt noch so viele schöne Orte auf der Welt, in denen man dieses extreme Schmuddelfeeling nicht aushalten muss. Trotzdem sind wir froh hier gewesen zu sein und einen Einblick in Land und Leute bekommen zu haben. Wir wollten ja indische Kultur! Davon haben wir eine geballte Ladung bekommen. Incredible India!

24.09.18: Zurück in Delhi

Rakesh hat uns nicht nur heile zurück nach Delhi gefahren, er hat uns auch noch mit zu sich nach Hause genommen und wir haben zusammen mit seiner Frau indisch gekocht und natürlich zusammen gegessen. Das war ein gelungener Abschluss unserer Rundreise durch Rajasthan und Nordindien.

Um die weitere Reise zu planen, um dafür schnelles Wifi nutzen zu können und nicht zu letzt um eine saubere Unterkunft zu haben, haben wir uns ein Zimmer direkt am Airport genommen. Wir freuen uns über eine heiße Dusche und leckeres Frühstück auf sauberem Geschirr.

Bevor es morgen weitergeht, müssen wir aber noch die vielen kleinen Souvenirs, die sich so angesammelt haben zur Post bringen. Die sind bereits in einer großen Tasche und mit viel Klebeband ordentlich zu einem Paket verschnürt worden. Mit diesem Paket fahren wir mit der Metro zur Hauptpost von Delhi. Die befindet sich mitten auf einer Verkehrsinsel in einem großen Kreisverkehr. Um dorthin zu gelangen, muss man durch die Autos, Tuktuks, Mopeds usw. hindurchhüpfen und -laufen, weil es natürlich keine Unterführung o.ä. gibt. Die Wickert-Methode könnte hier böse enden, daher starten wir gar nicht erst den Versuch. Irgendwann haben wir es geschafft und wir landen in der Schalterhalle des historischen Postgebäudes. Ich frage mich durch, um zu erfahren, an welchem Schalter wir uns anstellen müssen. Dann erfahren wir, dass wir eine Fotokopie meines Reisepasses benötigen. Nein, die bekommt man natürlich nicht etwa in der Post, sondern draußen irgendwo außerhalb dieser Verkehrsinsel. Während Klaus sich um die Kopie kümmert (und ich sage noch: „Mach mal lieber zwei!“) und wieder um die Fahrzeuge springt, erfahre ich, dass das Paket erst ordentlich in Stoff eingenäht werden muss. Der Schneider hat seinen Miniladen unter einem Dach direkt neben der Post. Immerhin. Also lasse ich das Paket zunähen. Wie gut, dass wir den Stift für die Adresse dabei haben. Also, Adresse auf den Stoff geschrieben und mit der Ausweiskopie und der zwischendurch noch ausgefüllten Zollinhaltserklärung wieder zurück zum Schalter. Nein, so einfach geht das nicht. Wir müssen die Zollerklärung auf den Stoff kleben und eine weitere(Aha!) Kopie des Reisepasses ebenfalls. (Fragen zum Datenschutz erspare ich mir und dem Postfritzen lieber.) Na gut, wir sind ja gut ausgestattet. Die Rolle Klebeband muss her und schwups ist alles wie gewünscht vorbereitet. Wieder zum Schalter. Der Mann nimmt mein Paket nun tatsächlich an zusammen mit der ersten Passkopie. Es wird gewogen und ich darf zwischen einer ein- oder dreiwöchigen Zustellung wählen. Ich entscheide mich für die dreiwöchige und kriege dann tatsächlich eine kleine Quittung mit Trackingnummer. 

Anschließend kommen wir am Gebäude des „Ministry for home  affairs“ vorbei. Es ist noch nicht ganz weggeschimmelt. Auf dem Metallschild vorm Haus finden wir den Hinweis auf das „National Desaster Response Force Directorate General“. Die Leute in dieser Abteilung haben in Indien ganze Arbeit geleistet!

Und dann finden wir noch ein neues Hard Rock Café in Gurugram…

22.09.18: Im Beatlesashram in Rishikesh 

Rishikesh, the holy city! Hier gibt’s statt Bier und Fleisch Yoga und Meditation. Der breite Ganges ist hier noch relativ sauber, jedenfalls im Vergleich zu den tiefer liegenden Abschnitten. Das ist aber eigentlich auch egal, denn der ganze Fluss ist ja heilig. So kommen viele Pilger täglich zum Beten und schwimmen im Fluss oder segnen sich mit dem Gangeswasser. Wir verzichten auf die heilige Reinigung und freuen uns, dass unser Hotel ein recht gut funktionierendes Bad besitzt. Außerdem ist die Aussicht nicht so schlecht, wir haben einen kleinen Balkon und können von da aus ein Stückchen vom Ganges und ein ziemlich buntes Hotel sehen.

Der Ort ist trubelig mit vielen kleinen Läden und Restaurants und die Verkäufer nerven nur wenig. Es gibt zwei schmale Hängebrücken über den Ganges, die nur für Fußgänger sind, was nicht bedeutet, dass keine hupenden Mopeds drüberfahren. 

Es gibt viele Tempel, in denen Fotografieren natürlich streng verboten ist und Ashrams, die alle möglichen Yogakurse anbieten.

Wir machen uns auf zu einem Fußmarsch in ein Tigerreservat. Dort sollen tatsächlich  2016 und 2017 vierunddreißig Tiger gesichtet worden sein. Den Tigern möchten wir in freier Wildbahn lieber nicht begegnen. Unser Ziel ist vielmehr der Maharishi Mahesh Yogi Ashram, der inmitten dieses Tigerreservates liegt und zwar 1997 aufgegeben wurde, in dem aber viele Gebäude und Meditationszellen noch immer zu sehen sind.

Das Besondere an diesem Ashram ist, dass sich die Beatles 1968 zusammen mit ihren Frauen, Mia Farrow, Donovan und anderen einige Wochen in diesem Ashram aufhielten. Dort haben sie 48 Songs für die Alben „White Album“, „Abbey Road“ und „Yellow Submarine“ komponiert. Neben einer Fotogalerie kann man alte und neue Graffitis und eben die jetzt stark verfallenen Häuser, in denen sie damals gelebt und komponiert haben, besichtigen. 

Der Weg dorthin führt am Ganges entlang durch die Berge und Wälder. Auf dem Rückweg begegnen wir einem fleißigen Handwerker, der auf einen Strommasten klettert und diesen ohne Pinsel wieder schön silbern anstreicht. Der zweite Mann ist damit beschäftigt den Farbeimer an einem Band, das über der Stromleitung hängt, auf und ab zu bewegen oder auch nur festzuhalten, so dass der Eimer für den Anstreicher die richtige Position hat. Und weil der Strom für diese Aktion ausgeschaltet wurde, bekommen wir im Café um die Ecke nur kaltes Essen und warme Getränke. Das macht aber nichts, denn es scheint recht sauber zu sein. In der German Bakery gibt es sogar Leckereien aus der Heimat!

Abends sehen wir uns am Triveni Ghat, an dem die drei heiligen Flüssen – Ganga, Yamuna und Saraswati – zusammenkommen die Feuerzeremonie an. Der Triveni Ghat ist mit Gläubigen überfüllt, die rituelle Bäder nehmen, um sich von ihren Sünden zu reinigen. Die Gläubigen beten und singen jeden Abend zusammen und lassen Blumen und Feuerschalen den Ganges entlangfließen bevor sie selbst ein Bad nehmen oder sich mit dem heiligen Wasser segnen. Für uns wäre ein kaltes Bier ein Segen, aber das gibt es im heiligen Rishikesh nicht. Noch nicht mal ein warmes. 🙁

20.09.18: Le Corbusiers Rock Garden in Chandigarh
Chandigarh ist eine in den 20er Jahren von Le Corbusier geplante und in rechteckige Sektoren unterteilte Stadt. Es gibt breite Straßen und viele Fahrzeuge halten sich einigermaßen an Verkehrsregeln. Neben dem Rock Garden von Le Corbusier finden wir einen Kemnader See und einen kleinen Westfalenpark. Alles gepflegt, ohne Müll und mit viel Ruhe!
Am nächsten Tag geht es nach einem ausgiebigen Frühstück weiter in Richtung Rishikesh. Bevor wir die Stadt verlassen, müssen wir erst eine Gebühr für die Einreise in ein anderes Bundesland entrichten. Meistens liegen diese Taxbuden so versteckt, dass unser Fahrer sich erst nach ihnen durchfragen muss, aber ohne diese Taxquittung kann es teuer werden.
Unterwegs sehen wir einige Fahrradrikshas, deren Fahrer sich über die Straßen quälen. Unser einziger Versuch mit einer Fahrradriksha zu fahren endete damit, dass wir den Fahrer nach kurzer Zeit gestoppt haben (weil der alte Mann drohte, zu kollabieren), ihm den vollen vereinbarten Preis bezahlt haben und dann gelaufen sind.

19.09.18: Auf den Spuren des Dalai Lama in McLeod Ganj

Wir sind wieder im Norden. In einer wunderschönen Berglandschaft verbringen zwei Nächte in McLeodganj. Da steht der Dalai Lama-Tempel und im Ort laufen viele Mönche durch die Gegend. Es gibt viele kleine Läden, die esotherische Klamotten und Tourizeugs anbieten. Man kann aber auch Ayurvedabehandlungen über sich ergehen lassen, einen Silberschmiedekurs buchen oder sich ein Omm-Zeichen tätowieren lassen. Nach dem Yogakurs fühlen wir uns wie neugeboren und erkunden die Bergwelt. Auf dem Weg zum Wasserfall sehen wir mal wieder Kühe und Hunde, die im Müll rumwühlen, total abgerockte Häuser mit Schimmel und viele dünne Wasserrohre, die wie Spaghettis am Straßenrand liegen. Die Suche nach etwas Essbarem, das nicht ganz so unhygienisch erscheint bzw. serviert wird, gelingt in einigen der Cafés. Wir entscheiden uns für eine Meditationssitzung, in der wir uns in Trance versetzen lassen. Ach wie schön ist es hier am Strand mit unseren bunten Sonnenschirmchen im Cocktail. Ommmmmm!

17.09.18: Amritsar an der Grenze zu Pakistan

Wir verlassen Rajasthan, um noch einige Orte im Norden anzusehen. In Amritsar, im Bundesstaat Punjab, sind wir um sechs Uhr morgens losgefahren, um den schon jetzt völlig überfüllten Shikstempel, den sogenannten goldenen Tempel anzusehen. Dieser steht auf einer kleinen Insel inmitten eines Wasserbeckens. Natürlich müssen wir wieder die Schuhe ausziehen und zusätzlich muss man eine Kopfbedeckung tragen. Leider zählt eine graue Mossy Oak-Kappe nicht zu den erlaubten Kopfbedeckungen, also kriegt der Ingenieur ein orangenes Leihtuch aus einer Krabbelkiste.

Zusätzlich muss man vor dem Betreten des Tempelbereiches wie alle tausende anderen Pilger noch durch ein Wasserbecken waten, um die Füße zu „reinigen“. Im Tempelbereich rund um das Wasserbecken herum, küssen die Pilger den Boden (ja, den, auf dem alle herumlaufen), beten oder gehen in das heilige Wasser. Nach dem Beten gibt es für alle kostenlos Tee, Zwieback und kleine Süßspeisen. Dazu muss man sich im Schneidersitz auf den Boden setzen und es wird da herumgereicht. Die tausenden von Blechschälchen für den Tee werden von fleißigen Gläubigen den ganzen Tag in einer Wanne gespült. An der Schuhabgabestelle werden die Schuhe in vielen nummerierten Fächern verwahrt und gegen eine Blechmarke bekommt man sie ruxzuck wieder zurück.

In das heiligste Innere des Tempels, das goldene „Bügeleisen“ haben wir es nicht geschafft, weil die Schlange so lang war, dass wir mehrere Stunden hätten anstehen müssen, da die Pilger zwischendurch immer beten, den Boden küssen und nicht weitergehen.

Am Abend dürfen wir auf der VIP-Tribühne für Ausländer neben tausenden Indern direkt an der pakistanischen Grenze ein besonderes Theaterstück sehen: Die Grenzschließungszeremonie. Mit extrem lauter Musik, einem Animateur, der das Publikum zu Schlachtrufen anheizt, wildem Tanz zu indischer Partymusik und Soldaten, die im Stechschritt zum großen Grenztor laufen und ihre Muskeln zweigen, wird den Pakistanern auf der anderen Seite die Stärke der indischen Armee und die Überlegenheit Indiens gegenüber Pakistan demonstriert. Umgekehrt tun die Pakistaner genau dasselbe, allerdings sitzen da nicht ganz so viele Leute. Ob es drüben genauso laut ist, können wir bei dieser Beschallung nicht wahrnehmen. Am Ende wird die Grenze, also das große Schiebetor zugeschoben und die Grenze bleibt die ganze Nacht geschlossen. Alle scheinen zufrieden zu sein, wir finden das Ganze sehr befremdlich.

Bevor wir Amritsar verlassen, sehen wir noch, wie die Schulkinder zur Schule kommen und wann man in Indien seine Hausaufgaben erledigt. 🙂

14.09.18: Bikaner und der Rattentempel von Deshnok

Auf der Fahrt nach Bikaner sehen wir wieder viele Fahrzeuge mit extremer Ladung. In Bikaner selbst sehen wir uns nur das Junagarh Fort an, denn ich möchte endlich zum Rattentempel in Deshnok! Mein Bruder hat mir schon oft von diesem besonderen Tempel erzählt. Er heißt Karni-Mata-Tempel und beherbergt tausende heilige Ratten, die von den Besuchern mit Leckereien gefüttert werden. Wer eine weiße Albinoratte sieht, so wie ich, der hat viel Glück, denn es gibt nur drei oder vier von ihnen. Jede Ratte soll eine Reinkarnation eines Mitgliedes des Karni Mata Volkes sein. Natürlich darf man auch diesen Tempel nur barfuß betreten und natürlich findet man hier eben eine andere Form der Tierhaltung. Die jungen Inderinnen, die mich im Tempel so freudig begrüßen und unbedingt auf ein Foto mit mir möchten, haben wir kurz vorher auf der Straße überholt. Sie saßen sicher mit mehr als einem Dutzend Mädchen in einem Tuktuk und hatten mir zugewinkt als ich sie fotografiert habe.

13.09.18: Jaisalmer

Jaisalmer hat mitten in der Stadt eine riesige Wüstenzitadelle aus gelbem Sandstein, die von weitem wie eine Fata Morgana aussieht. Je näher man kommt desto imposanter erscheint das Bauwerk. Unser Hotel liegt direkt unterhalb des Forts mit einer schönen Dachterasse, von der aus man die schöne Aussicht genießen kann. In den Mauern befinden sich mittlerweile Hotels, Restaurants, kleine Läden und früher von den reichen Kaufsmannsleuten gebaute Havelis, die zu schönen Restaurants umfunktioniert wurden. Das Innere des Forts bildet der ehemalige Königspalast. Von da oben hat man einen tollen Blick auf Jaisalmer und die Wüste drumherum.

In Jaisalmer ist es ordentlich warm und nicht schwül, daher schimmeln die Häuser auch nicht. Außerdem liegt nicht so viel Müll auf den Straßen, dafür jede Menge Kühe und Straßenhunde. Die Kühe sortieren und fressen den Müll. Einige sehen so aus, als bekämen sie noch nicht einmal etwas vom Müll ab. 

Rakesh fährt mit uns zu den Bada Bagh Cenotaphs, einer Gedenkstätte für verstorbene Könige und Königinnen und zu einem Jain-Tempel bevor wir auf der Dachterasse unseres Hotels den Blick auf das abends angestrahlte Fort und die Stadt genießen.

12.09.18: Auf Aida und Queen Elisabeth II. durch die Wüste Thar

Unsere näxte Behausung ist eine kleine Hütte in der Wüste Thar in der Nähe von Jaisalmer. Auf der Fahrt dahin sehen wir noch mehr seltsame Fahrzeuge als bisher und jede Menge Pilger, die es immer im September zur Tempelanlage von Ramdevra, einem der heiligsten Orte in Indien, zieht. Schon viele Kilometer vor dem Ort sehen wir viele Schuhe am Straßenrand liegen, die die Pilger gemeinsam mit all ihren Problemen dort zurücklassen. Die Pilger laufen oder fahren mit Musik und bunten Fahnen mehrere Tage des Weges, um zu diesem Tempel zu gelangen.

Uns zieht es aber auf eine Kreuzfahrt in die Wüste Thar! Unsere beiden Schiffe heißen Aida und Queen Elisabeth II und sie schaukeln uns mächtig durch den Wüstensand. Allerdings werden sie von einem Guide geführt, aber das schmälert den Spaßfaktor nicht. Es ist sehr lustig durch die Wüste zu schaukeln, insbesondere wenn die Tierchen uns irgendwo absetzen und man super aufpassen muss, dass man nicht vorne oder hinten überfällt.

Zurück im Camp gibt es Abendessen und eine kleine Tanzveranstaltung. Wir treffen Amerikaner, Franzosen, Inder und ein paar Jungs aus Tokio, von denen einer gut Deutsch spricht, weil er ein Jahr in Stuttgart in einer Gastfamilie gelebt hat. Beide Gasteltern sind aber BVB-Fans… Was für ein gelungener Tag!

11.09.18: Jodhpur: Alles so schön blau hier…

Auf der Fahrt nach Jodhpur sehen wir jede Menge völlig überladener Fahrzeuge. Mit Waren jeglicher Art oder auch Menschen. Außerdem haben wir noch nie so viele Kühe wie hier auf der Schnellstraße herumliegen sehen. Sie liegen da völlig unbekümmert und sehen sich die Fahrzeuge an, die um sie herumfahren. Wozu auf einer langweiligen Wiese grasen?

Rakesh fährt uns zum „Big Ben“ von Jodhpur und wir sehen uns das bunte Markttreiben drumherum an. Ich kaufe für umgerechnet 1,50€ einen Saree, der eigentlich 2,50€ kosten soll. Sicher habe ich noch nicht hart genug verhandelt, aber weniger wollte ich der Frau nicht geben. Der Saree ist ein wunderschönes ca. 5m langes Stofftuch, dass die Inderinnen sich gekonnt um den Körper wickeln, so dass es wie ein Kleid aussieht. Ich sehe mir ein YouTube-Video über die Wickeltechnik an und beschließe den Saree als Tischtuch o.ä. mit nach Hause zu nehmen.

Am nächsten Morgen fährt uns Rakesh zum Mehrangarh Fort. Diese imposante und riesengroße Festung wurde ehemals von der Königsfamilie erbaut und bewohnt. Von oben hat man einen sehr schönen Blick auf die blaue Stadt und der Beiname erklärt sich von selbst.

Hier laufen unheimlich viele Inderinnen herum, die fast alle einen bunten Saree tragen. Einige kommen mir sehr nahe, andere sprechen mich an, weil sie gerne mit mir zusammen auf ein Foto möchten. Da bin ich gerne dabei. Endlich erhält mein Kleidungsstil, für den ich im Lehrerzimmer nur Spott ernte, mal eine angemessene Wertschätzung. :))

Danach geht‘s zur Jaswant Thada, der Gedenkstätte für Maharaja Jaswant Singhji und dem Friedhof für die Königsfamilie. Alle Sehenswürdigkeiten, die wir in Jodhpur besichtigen sind wirklich gut erhalten und auch drumherum findet man keinen Müll, keine Bettler und Schlepper. Es ist richtig friedlich und ruhig und sehr schön!

09.09.18: Pushkar and the holy shit!

Pünktlich um neun geht es los nach Pushkar, das wir mittags erreichen. Als erstes checken wir im Hotel ein. Diesmal haben wir nicht nur eine funktionierende Dusche sondern tatsächlich auch ein Fenster mit einem schönen Blick auf die Berge.

Pushkar ist nicht sonderlich groß und Rakesh fährt uns zuerst zum Sunset-Café. Das kommt mir sehr bekannt vor, denn mein Bruder Volker und meine Schwägerin Heidi waren dort vor 26 Jahren auch schon und ich hatte neulich noch den Indien-Bericht von Volker gelesen. Natürlich schicke ich erst einmal ein Foto vom Sunset-Café nach Hohen-Neuendorf und erhalte die Auflösung des Rätsels „Wo sind wir?“ prompt.

Rakesh empfiehlt uns einen Spaziergang um den heiligen See, in dem die Hindus baden und den man aufgrund seiner Heiligkeit keinesfalls fotografieren darf!

Um den See herum befindet sich ein Markt und einige Tempel, die wir zumindest von außen ansehen. Wer nämlich seine Schuhe nicht rechtzeitig abholt, der kann den Rest des Tages auch barfuß laufen.

Es regnet die ganze Zeit und wir werden ordentlich nass bis es plötzlich wie aus Eimern schüttet. Wir stellen uns in einem Hauseingang unter und verharren da über eine Stunde. In dieser Zeit fließen Wassermassen an uns vorbei, die den Berg herunterstürzen. Als es fast dunkel ist, beschließen wir nach Hause zu gehen, ein Weg von ca. 1,5 km sollte ja schnell machbar sein. wenn da nur nicht diese braune Brühe wäre. Die braunen Pfützen sind kleine Teiche geworden und uns ist schnell klar, dass die Füße selbst mit wasserdichten Schuhen nicht trocken oder gar sauber bleiben können. Na gut, da kann man nichts machen, also Augen auf und durch.

Die Jauche bleibt stellenweise nicht knietief und wir müssen uns an Gittern entlanghangeln um nicht schwimmen zu müssen. Schuhe, Müll, Kuhscheiße und sonstiger Unrat schwimmen an uns vorbei und um uns herum. Ein Stromkasten, an dem wir uns festhalten müssen, weist uns auf die Gefahr von 415 Volt hin. Aha. Nach über einer Stunde dieses völlig (über)flüssigen Abenteuers gelangen wir endlich irgendwann zum Hotel.

Jetzt heißt es: Schnell den Ekel wegduschen, natürlich mit Taschenlampe wegen Stromausfall, Klamotten waschen, Pässe und Geldscheine trocknen. Holy Shit!

Zum Glück befinden sich in unserem Gepäck noch vier Bierdosen, die wir wohlweislich einen Tag vorher gekauft haben. In dieser heiligen Stadt gibt es nämlich kein Fleisch und keinen Alkohol. Da Rakesh uns erklärt hat, dass es in Indien viele Regeln gibt, aber jeder auch seine eigenen Regeln macht, freuen wir uns über unseren umsichtigen Einkauf! 🙂

Die Jauchenote in unseren natürlich nicht ganz trocken gewordenen Klamotten, lässt sich am nächsten Morgen nicht ganz ignorieren. Also fahren sie in Müllbeuteln mit nach Jodhpur.

08.09.18: Mit Rakesh nach Jaipur

Wir haben über eine deutsche Web-Seite einen Fahrer mit Auto für eine Rajasthan-Rundreise gebucht und sind gespannt, wer uns in den nächsten 11 Tagen fährt und begleitet. Rakesh holt uns in unserem Hostel ab und wir setzen uns in ein ordentliches Hotel und planen die nächsten Tage zusammen. Rakesh ist supernett, sehr sortiert und kennt sich sehr gut aus. Er fährt seit 18 Jahren durch Rajasthan und hat sich vor 12 Jahren selbstständig gemacht. Wir vertrauen ihm sofort und legen die weiteren Tage weitestgehend in seine Hände.

Als erstes geht es in die Pink City nach Jaipur. Auf der Fahrt merken wir schnell, dass Rakesh unser Glückstreffer ist! Er fährt uns durch die Landschaft und zu den interessanten Sehenswürdigkeiten auf der Strecke. Wir bekommen jede Menge Hinweise zu Land und Leuten, zu Verhaltensweisen und Besonderheiten. Er erzählt uns von seiner Familie in Delhi und wir erzählen ihm viel von Deutschland und Europa und diskutieren die Unterschiede zu Indien. Es toll, seine Sicht auf Indien und die Inder kennenzulernen.

Rakesh fährt uns am nächsten Tag zum Monkey-Tempel, zum Amer Fort, zum City-Palast, zum Hawa Mahal und zu einer kleinen Stoffdruckfabrik, die die typischen mit Holzstempeln gedruckten Stoffe verkauft. Wir probieren uns durch die indische Küche und abends sitzen wir im Hotel bei einem Bier zusammen und besprechen den Ablauf des nächsten Tages.

06.09.18: Am Taj Mahal in Agra

Die Ankunft in Agra gestaltet sich etwas schwierig. Hier sind die Schlepper besonders anhänglich. Es ist unmöglich vom Bahnsteig zum Prepaid-Taxischalter zu gelangen ohne massiv verfolgt und angequatscht zu werden. Alle wissen schon im vorhinein genau was man möchte, obwohl wir das Schild „Opfer“ versteckt haben und mit starrer Miene durch die Gegend laufen als wüssten wir genau wohin wir gehen müssen. Selbst am Ticketschalter versuchen sie noch uns davon abzubringen eine Taxifahrt zu kaufen. Wir setzen uns durch und kaufen das, was wir wollen, um dann doch im Taxi eines der nervigen Schlepper zu landen. Bravo!

Unsere Bruchbude liegt direkt neben dem Osteingang des Taj Mahal und heißt Saniya Palace Hotel. Einen unfreundlicheren Empfang hatten wir bisher noch nicht. Einzig die Lage der Dachterasse ist genial, da man von da aus einen tollen Blick aufs Taj Mahal hat. Die dreckigen Schimmelbuden zwischen dieser ebenso tollen Unterkunft und der wunderschönen Grabstätte muss man auch nicht unbedingt ansehen. 

Wir gehen gleich zweimal ins Taj Mahal, am späten Nachmittag und am nächsten Morgen um halb sechs, bevor es voll wird. Das Gelände und die Gebäude beeindrucken uns wirklich, das ist mal etwas richtig Schönes in Indien! Auch das rote Fort in Agra gefällt uns. Einzig die Gegend rings herum ist mal wieder total abgerockt. Kinder und Kühe wechseln sich auf der Müllhalde direkt neben dem Osteingang ab. Von den kleinen Verkaufsbuden ist eine schmuddeliger als die andere und wir fragen uns, wo wir denn wohl etwas zu essen herkriegenden können ohne anschließend den Vorrat an Durchfalltabletten reduzieren zu müssen. Einen Supermarkt zur Selbstversorgung gibt es nicht und leider durften wir beim Aufstieg in unser Zimmer einen kurzen Blick in die renommierte Küche dieses Etablissements werfen.

Zum Glück finden wir einen einzigen Laden, der ein bisschen nach Sauberkeit aussieht und unser Vertrauen gewinnt. Es gibt nicht viel, aber die Sandwiches sehen ganz ordentlich aus und der Kaffee schmeckt. Bier finden wir in der Schmierbude nebenan, aber das ist schön kalt und bereitet uns keine Hygienesorgen.

Dass wir gerne mal von A nach B laufen, kommt den Transportdienstleistern hier so gar nicht gelegen. Um eine Strecke von ca. einem Kilometer zu bewältigen, müssen wir mindestens fünfzehn Mal einen Riksha- oder Tuktukfahrer abwimmeln. Leider geben sich die Fahrer nicht mit einem einfachen „Nein!!!“ zufrieden, man muss schon sehr unfreundlich werden oder eine Zeit lang gar nicht antworten. Auf keinen Fall darf man den Fahrer ansehen, dann wird man ihn stundenlang nicht mehr los, weil er plötzlich an jeder Ecke wieder auftaucht, obwohl man zwischendurch in einem Fort, auf dem Klo oder sonstwo war. Hier wird man so, wie man nie sein wollte: Unfreundlich, ignorant und abweisend! Manchmal schließen wir Wetten ab, wie viele Fahrtangebote wir wohl auf dem nächsten Stückchen der Wegstrecke erhalten. Wir können es jetzt schon besser ertragen, weil tatsächlich ein kleiner Gewöhnungseffekt eingetreten ist. Indien beginnt uns zu gefallen. 🙂

04.09.18: New Delhi

Vom Flughafen geht es mit einem Prepaid-Taxi zur Unterkunft. Dem Fahrer wird von der Taxigesellschaft noch kurz der Weg erklärt und schon sitzen wir wieder mitten im Getümmel. Der Fahrer ist verdächtig ruhig, aber man muss ja auch nicht immer sprechen. Ich verfolge mit meiner Navi-App die Fahrt und bin ganz zufrieden bis er plötzlich an unserer Straße vorbeifährt. Ich erkläre ihm, dass er umkehren muss, weil er gerade falsch fährt. Er hält an, steigt aus und fragt umherstehende Leute, die aber auch nicht wissen, wo sich diese Unterkunft befindet.

Zum Glück hatten wir ihm die Adresse auf einen Zettel geschrieben, denn beim letzten Mal hatte der Taxifahrer mein Handy aus dem Wagen gereicht. Wir erklären ihm, dass er wenden muss und dass wir ihn dann mit meinem Navi lotsen können. Er fährt weiter in die falsche Richtung! Ups. War unser Englisch so schlecht? Nein, schnell merken wir, dass er überhaupt kein Englisch spricht und lesen kann er auch nicht, denn er hält den Zettel mit der Adresse manchmal falsch herum. Na prima, nun also das Ganze mit Händen und Füssen, er versteht nun, dass wir ihn navigieren wollen und fährt nach Anweisung.

Leider ist die Hausnummer dieser wunderbaren Unterkunft tatsächlich so merkwürdig, dass mein Navi auch nur die Straße selbst findet. Also steigt er in der richtigen Straße noch drei Mal aus, um nach dem Eingang des Hostels zu fragen. Er hat die Ruhe weg! Wir nicht mehr, es wird bereits dunkel und die Gegend sieht grauenvoll aus. Hier wollen wir gar nicht wohnen. Dann findet er das Hostel doch noch und wir sehen zu, dass wir ins Haus kommen. 

Das Hostel ist schrecklich, die Leute an der Rezeption sind sehr nett und zeigen uns unseren schrecklichen Raum. Total schmuddelig und fies. Das sah im Buchungsportal ganz anders aus und die Bewertungen waren auch gut. Zum Glück ist das Bett sauber und wir haben zumindest dreieinhalb Quadratmeter Wohlfühlarea. Am nächsten Morgen verwerfen wir unsere Pläne in ein Hotel umzuziehen, weil wir erstens eine Bierbude und zweitens eine Metrostation direkt neben dem Hostel haben. Damit können wir leben.

In den nächsten beiden Tagen sehen wir uns in Delhi um. Wir besichtigen die größte Moschee Indiens, die Jama Masjid. Klaus ist genervt, dass wir die Schuhe ausziehen müssen, erträgt es dann aber. Von der Spitze des Minaretts aus, sehen wir das Rote Fort und die ehemals schönen Gebäude von gegenüber. Den Hindutempel Jagannath in Hauz Khas besichtigt Klaus nur von außen. Schon wieder Schuhe ausziehen? „Nein, danke!“ Ich finde den Tempel klasse. In Hauz Khas gibt es noch ein Village mit einem Fort. Das liegt schön im Grünen an einem See. Unsere Laune steigt etwas, obwohl es viel regnet, solange wir nicht an unsere Unterkunft denken.

Dann kommt die Zugfahrt nach Agra. Der Zug kommt überpünktlich und fährt auch eher los, die Abfahrtszeit ist nur eine grobe Richtschnur. Wie gut, wenn man rechtzeitig da ist. Die Wagenstandanzeige gibt es nicht, wohl aber ab und an eine Lampe mit einem mutmaßlichen Waggonnamen. Unserer ist aber nicht dabei. Mein Zahlenstudium kommt jetzt sehr gelegen, denn mit ein bisschen Logik kombiniere ich, dass wir 120 Schritte von der letzten funktionierenden Anzeige B4 bis zu unserem Waggon A2 laufen müssen. Und: Waggon A2 hält genau vor unseren Füßen. Da staunt selbst der Ingenieur. 🙂

Der Zug ist sehr indisch. Wir sitzen mit einer netten Familie zusammen in einem Vierer-Schlafwagenabteil der 2. Klasse. Der Zug war schon die ganze Nacht durchgefahren und wir wecken die kleine Familie auf, weil wir feste Platznummern haben. Unterhalten können wir uns nicht richtig, da die Eltern kaum Englisch sprechen und das Kind noch zu klein ist. Aber ich bekomme etwas vom Mittagessen ab, dass die Frau von zu Hause mitgebracht hat. Das ist auch ohne Englisch lecker!

01.09.2018: Kolkata/Kalkutta

„Kalkutta liegt am Ganges,…“, so besingt es Vico Torriani bereits 1960. Das haben wir all die Jahre geglaubt, um nun festzustellen, dass das so gar nicht stimmt. Der große braune Fluss hier heißt Hugli und ist ein Seitenarm des Ganges. Na, gut.

Wir gönnen uns jedenfalls ein Zimmer mit Fenster und Frühstück, dafür ohne Schimmel.

Die Idee vom Bad im heiligen Wasser spült der Monsun heute schnell von der ToDo-Liste. Es gießt wie aus Eimern, die Sünden bleiben uns wohl erhalten. Regenjacken anziehen ist zwecklos, bei 32 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit wird die Jacke sowieso von innen nass. Ab und zu ein Lichtblick: Direkt in der Nähe der Wirkungsstätte von Mutter Teresa fühlt man sich ein bisschen zu Hause, im Hard Rock Café.

Am nächsten Morgen gehen wir auf den Markt. Der Fleischmarkt ist martialisch. Hier arbeiten Menschen im Alter von acht bis achtzig, morgens werden die Tiere vor Ort geschlachtet und dann direkt zerteilt. Frischer geht‘s nicht. Kinder sitzen auf dem Boden im Blut und reißen Hühnern die Federn aus, Greise sitzen im Schneidersitz auf Tischen und zerschneiden das Schlachtvieh, andere liegen herum und schlafen. Eine Nasenklammer wäre nicht schlecht. Weiter geht‘s zum Gemüse und Obst, das schön drapiert in Körben, auf Tellern oder einfach auf der Straße liegt.

Im alten Zentrum leben zehntausende Menschen unter teilweise unfassbaren Verhältnissen auf der Strasse und versuchen sich mit Kleinverkäufen irgendwie über Wasser zu halten. Aber nicht nur die Ärmsten (das absurde, menschenunwürdige Kastensystem scheint noch nicht überwunden!!), sondern fast alle essen auf einfachen Holzkohleöfen zubereitete Speisen draußen im Straßengewusel. Vieles sieht sehr appetitlich aus und wird nett angerichtet serviert. Wenn man aber sieht, wie bzw. in welchem Wasser Gläser und Teller gespült werden, weiß man, wozu die Reiseapotheke nützlich werden kann.

Der Verkehr ist ein einziges Chaos. Taxis, Tuktuks, Rikshas, völlig überladene LKW, uralte, überfüllte Busse, Lasten-Fahrräder, Menschen mit enormen Paketen auf dem Kopf quälen sich durch die engen Straßen, und wir mittendrin. 

Alles, was eine Hupe hat, hupt was das Zeug hält. Die Folge: Unerträglicher Lärm, ein Konzert von Motorhead ist nichts dagegen (aber hat wenigstens irgendwann ein Ende). Plötzlich taucht an einer Ecke völlig unerwartet eine Art Trinkhalle auf, die eiskalte Bierdosen im Angebot hat – die Erlösung an diesem Tag! Einige imposante, aber verfallene Gebäude aus der Kolonialzeit finden wir auch, sie lassen die vergangene Pracht erahnen und erinnern mit ihrem morbiden Charme an Havanna. Leider gibt es hier offenbar aber kein Wiederaufbauprogramm von der UNESCO.

28.08.2018 Mumbai: Wir befinden uns mitten in einem lärmenden Wimmelbild

Bereits beim Anflug auf die Stadt können wir die Unterschiede zwischen afrikanischen Townships und indischen Slums sehen. Hier wird nicht nur ein oder zweigeschossig aufgestapelt sondern es gibt vielfach ganze Hochhaustürme aus Wellblech. Es sieht von oben so aus wie Kartenhäuser, die beim näxten kleinen Windstoß umfallen müssen.
Die Taxifahrt vom Flughafen zum 20 km entfernten Hostel dauert 75 Minuten und das indische Leben rauscht an uns vorbei. Tuk-Tuks, Mopeds, Taxis, LKWs, Autos, Lastkarren und Fußgänger mitten auf der Fahrbahn. Jede Sekunde passieren lauter außergewöhnliche Dinge: Fußgänger springen auf die Fahrbahn, Mopeds kommen von allen Seiten, Kühe stehen irgendwo rum, es wird wie blöde gehupt, Ampel rot oder grün: Scheißegal! Das Motto heißt: Niemals stehen bleiben! Immer in Bewegung bleiben, die kleinste Lücke nutzen und ausweichen in die nächste. Es ist total verrückt. Zumindest gibt es keinen Stau. Man hat das Gefühl, dass sich das Taxi vorne zusammendrücken lässt, wenn es sich in die näxte Lücke quetscht. Irgendwie passt es immer, niemand berührt ein anderes Fahrzeug.
Im Hostel genießen wir unser fensterloses, aber zumindest relativ ruhiges Zimmer. Die Leute hier sind alle total freundlich, daher übersehen wir absichtlich die Schimmelflecken an den Wänden unserer Behausung. Vermutlich haben wir sowieso eins der besseren Zimmer bekommen. Was soll‘s, es sind ja nur vier Nächte.
In den beiden näxten Tagen geht es ebenso weiter. Wir wuseln uns zu Fuß, mit Taxis und Zügen durch den chaotischen Straßenverkehr. Es ist fast überall dreckig, laut, vermüllt und in vielen Ecken stinkt es. Ein paar schöne Gebäude aus der Kolonialzeit finden wir auch, zum Glück. Und wir treffen wieder einmal viele freundliche und auch hilfsbereite Leute neben nervigen Händlern, die uns ihre (chinesische) Ware verkaufen wollen. Für ein paar Dosen Bier müssen wir in eine schmierige Gasse gehen. Aber zumindest hat uns ein netter Mann diesen geheimen Ort gezeigt, denn Alkohol bekommt man nicht einfach so! 🙂
Am Bahnhof Churchgate sehen wir die Dabbawallah-Männer. Die bringen ca. 200.000 Henkelmänner täglich an die Arbeitsplätze in den umliegenden Büros. Mit einem ausgeklügelten Logistiksystem gelingt es trotz mehrerer Übergaben 99% der Essen korrekt auszuliefern. Am beeindruckendsten finden wir die Open Air Wäscherei Dhobi Ghat. Die Dhobis waschen Kleidung und Bettwäsche aus umliegenden Hotels und Krankenhäusern usw.. Diese Wäscherei ist gleichzeitig Heim für ca. 200 Familien, die dort hausen und deren Kinder ebenfalls Wäscher werden. Auch die Märkte sind oftmals gleichzeitig das Zuhause der Verkäufer. Im unteren Teil der Wellblechhütte wird verkauft, in der oberen „Etage“ wird geschlafen. Oder man legt sich einfach direkt neben Obst, Fleisch oder Fisch.
Schnell relativen sich viele Dinge, auf die man zu Hause so Wert legt.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.