27.07.2023: Zarautz

Wir fahren von Lacanau-Océan aus weiter nach Zarautz. Das liegt an der Atlantikküste in Nordspanien zwischen San Sebastian und Bilbao. Ich habe den Campingplatz Gran Camping Zarautz schon früh reserviert und mir einen Platz mit Meerblick gewünscht. Als ich an der Rezeption danach frage, grinst der nette Mann und wir bekommen einen Premiumplatz mit herrlicher Sicht über die schöne Bucht, die ebenso wie Lacanau als Surfspot bekannt ist.

Der Campingplatz liegt oben auf einem Berg, 120 Meter über dem Meeresspiegel. Der Strand ist über einen Serpentinenweg für Fußgänger in einer Viertelstunde erreichbar. 439 Stufen, ein paar Kurven und Stege am Golfplatz entlang und schon sind wir mitten am langgezogenen Strand. Der Rückweg ist dann natürlich nicht so easy, aber eink Workout am Ende des Tages ist ja sehr gesund. Mein Puls steigt ordentlich an und mein hochroter Kopf zeigt auch eine gute Durchblutung an. Rixa ist längst oben, sitzt auf dem Campingstuhl und grinst. Natürlich ist die Sportlehrerin und Pelegrina fitter als ich, aber ich bin auch nicht hochgeschlichen und niemand hat mich überholt.

Die Stadt Zarautz ist nicht sonderlich schön und der ganze lange Strandbereich ist total überfüllt. Die Promenade ebenso, so dass wir da nur in Schlangenlinien vorwärts kommen. Die Häuser haben gar keinen Charme, im Gegenteil, es sind hässliche Klötze an einem wunderschönen langen Strand mit schönen Surfwellen, der durch die vielen Menschen einem Rummelplatz gleicht. Zusätzlich wird weiter gebaut und weitere Klötze für noch mehr Menschen entstehen.

Unser Campingplatz ist auch sehr voll und die Parzellen klein. Nur die Plätze mit Meerblick sind wirklich attraktiv, man kann die Wohnmobilreihe oben auf dem Berg schon von weitem erkennen. Der rote Bus mit dem Hochdach steht mittendrin. Abends geht die Sonne über dem Meer unter und die Lichter der Stadt strahlen weit. Aus der ersten Etage der Cherry Lady kann man den Strand und die ganze Bucht sehen, selbst bei Regen sieht es von da gut aus.

Der näxte Tag ist, wie angekündigt, ein Regentag, daher fahren wir mit einem öffentlichen Bus nach Bilbao. So kann Cherry Lady einfach stehen bleiben und wir müssen nicht alles umbauen, um wieder fahren zu können. Ein weiterer Bus fährt uns vom Campingplatz runter nach Zarautz und von da geht die einstündige Fahrt nach Bilbao. Wir sehen uns natürlich das berühmte Guggenheim-Museum an, das aber leider im Regen nicht so schön glänzt. Dann gehen wir zur Funicular, einer Zahnradbahn, die uns in drei Minuten rauf auf den Berg Artxanda fährt. In dreihundert Metern Höhe hat man einen schönen Rundumblick über Bilbao. 

Die Altstadt besteht eigentlich nur aus sieben Straßen, die man hier unter Las Siette Calles kennt. Die Begeisterung bleibt allerdings aus und das liegt eindeutig nicht am Regenwetter. Schön, dass wir mal in Bilbao waren, aber da müssen wir beide nicht noch einmal hin. Wir gehen zur Bushaltestelle und fahren zurück zu unserem Campingplatz.

Auch am nächsten Tag regnet es. Es ist Rixas Abflugtag und ich bringe sie mit dem Bus runter nach Zarautz, von wo aus sie dann den Bus zum Flughafen nimmt. Ich verbringe nun erst einmal einige Wochen alleine mit Cherry Lady und möchte an der spanischen Nordküste einige Stellen ansehen. Da es den ganzen Tag regnet, wird es ein Tag am Schreibtisch im Bus, ich plane die weitere Route, telefoniere mit Campingplätzen oder suche Umsonststellplätze heraus, auf denen ich stehen kann. 

Einige Tage bleibe ich noch in Zarautz und neben Besichtigungstouren mit dem Fahrrad lerne ich täglich etwas Spanisch. Die erste Tour geht auf den entfernten Berg, den ich vom Bus aus sehen kann: Monte San Anton. Ich fahre direkt am Meer entlang. Oben auf der Insel steht ein Leuchtturm und man kann die weitere Küstenstraße gut sehen.

Überraschenderweise bekomme ich Besuch aus Castrop-Rauxel. Anne und Dominic, die neulich noch in der Nähe von Lacanau waren, kommen nun auch nach Zarautz. Ich kann an der Rezeption einen Stellplatz für zwei Nächte reservieren und sie stehen mit ihrem Wohnmobil und Baki, dem Hund, ganz in meiner Nähe! Abends sehen wir uns gemeinsam bei einem Bier oder Wein den Sonnenuntergang und die beleuchtete Bucht an und ich freue mich sehr, dass ich so tollen Besuch bekommen habe.

28.07.23: Höllenritt nach San Sebastian

Ich fahre viel und oft Fahrrad. Siebzehn Kilometer zur Schule und zurück oder am Wochenende vierzig oder auch fünfzig Kilometer bin ich gewöhnt. Auch die Ruhrgebietsberge machen mich nicht fertig, im Gegenteil, sie sind Ansporn auf keinen Fall abzusteigen, sondern hochzufahren.

Und weil ich so gerne Fahrrad fahre und San Sebastian von Zarautz aus nur zwanzig Kilometer entfernt ist, fahre ich mit dem Fahrrad los. Ich habe mir vorher über meine Fahrradapp Komoot eine Route vorschlagen lassen. Komoot ist ja sehr zuverlässig und sucht immer schöne Routen durchs Grüne heraus. Es geht erst einmal einige Kilometer am Rio Orio entlang. Die Fahrradwege sind gut ausgebaut und führen direkt am Fluss entlang. Ich sehe einige Pilger, die in Richtung Santiago de Compostela wandern. Man kann sie immer an der Jakobsmuschel erkennen, die sie tragen und natürlich am Wanderruxsack und den Wanderstöcken.

Dann soll ich plötzlich, laut Komoot, nach links abbiegen. Da sieht es aber ganz schön steil aus. Na gut, macht ja nix, dann schiebe ich eben ein paar Meter. Aus den paar Metern werden ein paar hundert Meter. Es geht immer steiler den Berg hinauf. Auf dem Weg gibt es irgendwann nur noch einen Bauernhof und einen bellenden Hund. Danach bin ich mitten im Weinberg. Die Straße wandelt sich von Asphalt zu Lehm und Lehm mit Geröll. Das kann ja gar nicht richtig sein, denke ich. Also ein ganzes Stück zurück, um festzustellen, dass ich doch auf der richtigen Route bin. 

Also wieder rauf. Die Sonne scheint auf meinen Fahrradhelm und ich schwitze so, dass die Augenbrauen ihre Funktion verlieren. Der Schweiß tropft einfach in meine Augen und wieder heraus. Ich habe zwar eine Flasche Zitronenwasser am Fahrrad, aber so viel wie aus mir herausrinnt ist nicht aus der Flasche herauszuholen. Naja, wird ja wohl irgendwann noch einmal von diesem Berg heruntergehen, dann kann ich sicher irgendetwas Flüssiges kaufen.

Irgendwann bin ich ganz oben auf dem Weinberg. Die Reben hängen direkt über meinem Kopf und ich schiebe das Fahrrad immer noch. Dafür ist der Ausblick hier oben auf eine bergige Landschaft herrlich. Nun geht es durch ein Waldstück endlich wieder bergab. Dann kann ich ja auch wieder fahren, denke ich. Leider nein! Der Weg ist ein schmaler Trampelpfad mit einer schmalen Furche in der Mitte. Links und rechts bleiben Brombeerstrauchwiderhaken an meinen Beinen hängen. 

Ich muss wieder langsam schieben. Ganz unten ist ein große Pfütze im Weg, da muss irgendwie vorbei. Links und rechts ist es matschig. Ich gehe einfach schnell rechts durch den Matsch und schiebe das Fahrrad durch die Pfütze. Es versinkt fast zur Hälfte im Wasser. Gut, dass ich da nicht versucht habe durchzukommen.

Dann komme ich wieder auf einer Asphaltstraße an. Endlich mal wieder Fahrradfahren. Zumindest ein paar hundert Meter, denn dann kommt der näxte Berg. Ich sehe schon von unten die Autos die Serpentinen entlang fahren. Oh je, das ist doch hoffentlich nicht mein Weg! Doch, isser. Ich kann wieder nicht fahren und muss nun auch diesen Berg hochschieben. Einige verrückte Tour de France-Fahrer trampeln den Berg hoch und fragen, ob es mir gut geht. Naja, ich sage mal estoy bien, denn außer Schweißausbrüchen und einem hohen Puls habe ich ja nichts. Dann treffe ich einen Deutschen und eine Spanierin, die auch schieben und mir versichern, dass es oben sehr schön ist und man dann wunderbar nach unten fahren kann. Hoffentlich haben sie recht.

Nach einer weiteren Tour de France-Bergetappe im Spaziergang mit Fahrradschieben komme ich auch endlich ganz oben an. Die beiden Fahrradfahrer hatten recht. Der Ausblick auf den Golf von Biskaya ist klasse, jede Bucht sieht anders aus, alle haben diese herrlich blaue oder türkise Wasserfarbe. Und jetzt geht es los bergab. Auf dem Fahrrad rasend schnell mit viel Wind um die Nase. Ich kann San Sebastian schon von oben sehen. Nun schaffe ich es doch noch dort anzukommen. Die Plackerei hat sich am Ende gelohnt!

San Sebastian hat einen riesigen großen Stadtstrand, der wie eine Banane gekrümmt an der Promenade liegt. Die vielen bunten Schirme der Wasserratten stecken neben den typischen gestreiften Strandzelten im Sand. Im Hintergrund stehen Berge im Wasser und viele kleine Boote liegen im Wasser vor Anker. Ich fahre auf einem Radweg an der Promenade entlang und sehe mir dann auch die kleine Altstadt an. Ich freue mich über den Kiosk an einer Ecke, in dem ich endlich eine kalte Cola für sofort und eine für den Rückweg bekomme. San Sebastián hat Charme und sieht ganz besonders aus, obwohl es auch recht voll ist am Wasser.

Nun plane ich den Rückweg, der definitiv ein anderer sein muss. Ich markiere ein paar Orte am Fluss, denn da müsste es ja einigermaßen flach sein und Komoot spuckt mir eine ganz andere, wenn auch etwas weitere, Route aus. Es geht nun durch einen beleuchteten Fahrradtunnel, der einfach durch den gemeinen Berg von vorhin führt. So einfach kann es sein, wenn man das Höhenprofil beachtet. Der weitere Weg geht auf und ab, vorbei an Kühen und Eseln und es sieht ein bisschen so aus wie im bayerischen Wald. Sehr idyllisch und ruhig. Die restliche Strecke führt dann am Fluss entlang und nun ist nur noch ein Berg hoch zum Campingplatz für mich nicht fahrbar. Aber die eineinhalb Kilometer machen den Kohl nun auch nicht fett.

Oben angekommen sehe ich ein Hinweisschild für die Pilger und eine Säule mit einer Laterne oben drauf. Bide on steht da drauf, also viel wie bleib dran/ nicht aufgeben. Das passt ja heute auch für mich wie die Faust aufs Auge.

Nach diesem Workout bin froh wieder am Campingplatz zu sein. Ich gehe mit Anne, Dominic und Baki zum Abendessen ins Campingplatzrestaurant. Anschließend sehen wir noch auf die schöne Bucht, denn dies ist unser letzter Abend in Zarautz.

29.07.23: Sonnenblumen in Comillas

Ich bin im kantabrischen Comillas gelandet und habe wieder einen Stellplatz mit Meerblick aus meiner Küche, meinem Schlafzimmer und von meiner Terasse aus bekommen. In der zweiten Reihe zwar, aber zwischen einem Zelt und dem VW Bus  der netten Holländer ist genug Sicht aufs Meer. Es gibt auch wenige Stufen herunter zu einer Bucht, an die nur Campingplatzbesucher kommen. Heute ist es schön sonnig und ich fahre erst einmal mit dem Fahrrad durch den Ort. Mal sehen, was er so zu bieten hat.

Am Strand entlang geht es zum Hafen mit wenigen Booten, dafür aber schönen kleinen Restaurants, in denen man verweilen und aufs Meer sehen kann. Es gibt einen Leuchtturm und man kann einfach an der steinigen Küste entlang schlendern. Kein Verbotsschild irgendwo, sondern schöne Wege zum Meer und am Meer entlang. In der Nähe liegt ein kleiner Friedhof, den ich mir mal näher ansehe. Die Toten liegen nicht nur in Gräbern, wie wir sie kennen, sondern zum Teil auch in Schubfächern, die  mit Blumen geschmückt sind.  

Ich fahre weiter in den Ort und lande an einem Palast. Die nette Ticketverkäuferin verwahrt sogar mein Fahrrad hinter dem Tickethäuschen und schon bin ich in einer spanischen Führung durch den Palacio de Sobrellano. Er gehörte einst dem ersten Marqués de Comillas, Antonio López y López. Ich verstehe nicht viel, aber es ist interessant durch die Räumlichkeiten gehen zu dürfen.

Dann geht es weiter durch den Ort mit alten Steinhäusern, kleinen Tapasbars und niedlichen Lädchen. Hier gefällt es mir gut, denn der Mix zwischen Natur, Landschaft, Architektur und spanischen Flair stimmt. Ehemals war Comillas ein Walfangort und später ein Fischerort bis er von den Pionieren des Badeurlaubs am Meer entdeckt wurde und nun viele Touristen anzieht. Wen wundert‘s.

Am nächsten Tag ist es bedeckt und es fisselt sogar etwas. Ich schnappe mir meine Regenjacke und fahre mit dem Fahrrad den Berg hinauf bis zur päpstlichen Universität. Das Gebäude liegt oberhalb der Stadt, ist riesengroß und schon von außen auffällig schön. Ich darf mein Fahrrad in den zugehörigen Park schieben und ganz oben gibt es Tickets für eine Führung, mal wieder auf Spanisch. Auch gut, das schult ja meine Spanischohren und ich kann dadurch durchs Gebäude gehen. Das Gebäude sieht innen so aus, wie ich mir eine Priesterschule im Vatikan vorstelle.

Die Universität mit den Fakultäten Theologie, Recht, Geistes- und Sozialwissenschaften und weiteren wurde 1890 als katholisches Seminar für die Priesterausbildung gegründet. 1968 wurde sie allerdings vollständig nach Madrid verlegt. Nun gehört das beeindruckende Gebäude der Regierung Kantabriens und kann besichtigt werden.

Weiter geht es wieder durch den Ort zum El Capricho de Gaudi. Das ist ein Sommerlandhaus, das der berühmte Architekt Antoni Gaudi 1883 in seinen jungen Jahren entworfen hat. Das ganze Haus ist umgeben von Sonnenblumenfliesen und es gibt einen zylindrischen Turm mit bunten Keramikfliesen. Der Garten ist ebenso bunt und es finden sich überall Rundungen, fließende Formen und kaum Ecken. Hier muss ich keine Führung mitmachen und kann einfach durch Haus und Garten spazieren. 

Ich fahre zurück zum Campingplatz und sehe das Wohnmobil von Anne, Dominic und Baki dort stehen. Sie haben nun offenbar auch entschieden bis Comillas zu fahren. Es fisselt wieder und wir beschließen, unten am Strand einmal ins Meer zu hüpfen. Da Ebbe ist, gehen wir aber nicht weit rein, denn wir wollen lebendig wieder herauskommen. Das Wasser ist nicht kalt und wir haben Spaß in den Wellen. Den Abend verbringen wir wieder gemeinsam bei einem Glas Wein.

Am näxten Morgen geht es für mich weiter in Richtung Südwesten und die drei aus Castrop fahren wieder in einigen Etappen gen Heimat. „Adios amigos, es war schön mit euch!“

30.07.23: Fuente Dé: Mit der Teleférico auf die Picos de Europa

Heute fahre ich ein Stück ins Landesinnere. Ziel ist der Nationalpark Picos de Europa, was soviel heißt wie „Gipfel Europas“. Gipfel gibt es hier einige. Es geht in Schlangenlinien viele Kilometer auf zum Teil abenteuerlichen Abschnitten durch die Berge bis nach Fuente Dé. Dort gibt es auf 1078 Metern Höhe eine Seilbahn, die bis auf eine Höhe von 1834 Metern zur Bergstation El Cable fährt. Ich bin früh da und bekomme Platz auf dem Parkplatz in der Nähe der Talstation. Ein Ticket habe ich schon online bestellt. Leider ist es oben auf den Bergen etwas neblig, aber ich habe trotzdem auf einen Teil der Berge einen guten Blick. 

Die Fahrt mit der Teleférico rauf auf den Berg ist klasse, es dauert nur knapp vier Minuten und ich befinde mich oben auf einem flachen Abschnitt des Berges in einer wabernden Nebelwolke. Von da aus gibt es viele verschiedene Wanderwege unterschiedlicher Länge. Da ich heute noch bis Oviedo weiterfahren möchte und ich sowieso nicht viel sehen kann, laufe ich einfach da oben ein bisschen herum und sehe mich um. Dann läuten Kuhglocken und ich sehe auch die dazugehörigen Tiere auf den Steinen mit etwas Gras und vielen Blumen liegen. Ob die auch mit der Teleférico da hochgekommen sind? Oder sind sie etwa hier oben geboren worden? Das verraten sie mir nicht, aber sie haben nichts dagegen, als ich für ein Foto näher komme.

Zwischen dem Gras und den Steinen wachsen lauter rosafarbene und lilafarbene Blumen. Das sieht sehr idyllisch aus. Die Kuhfladen zwischen den Grasbüscheln liegen anmutig daneben. Da der Gipfel durch den Nebel nicht sichtbar ist, begnüge ich mich damit, ein paar Fotos von Blumen und Kühen zu machen und einige auch von den umliegenden Gipfeln, sofern der Nebel es zeitweilig zulässt. 

Dann fahre ich wieder herunter und plötzlich fliegt ein kleiner Geier auf dem Parkplatz herum. Er setzt sich genau auf mein Busdach. Sicher ist er von seiner Mutter ausgestoßen worden. Dann bleibt er halt bei mir! Ich nenne ihn Fuente und nun sitzt er auf dem Amaturenbrett und begleitet mich. 😉

Nun muss ich den größten Teil derselben Strecke wieder zurückfahren, da sich Fuente Dé in einem Talkessel befindet, der sich nach Südwesten öffnet. Mein Tagesziel ist aber die Hauptstadt des Fürstentums Asturien, Oviedo, und sie liegt wieder nördlich der Picos de Europa. Zum Glück fahren nicht zu viele Autos da herum, so dass es einigermaßen gut geht. Nach den Serpentinen geht es wieder auf die Autobahn, auf der ich von einem Stier begrüßt werde.

31.07.23: Oviedo: Ein Relikt des Königreiches Asturien

Ich visiere heute keinen Campingplatz an, sondern stelle mich in Oviedo, der Hauptstadt Asturiens, auf einen Umsonstparkplatz in einer Siedlung. Das ist nicht optimal, aber für eine Nacht taugt es. Das Notklo ist an Bord, ich habe fließend Wasser und der Kühlschrank wird über die Zusatzbatterie ordentlich kalt gehalten. Das bedeutet, dass ich immer kalte Getränke und auch sonstige Lebensmittel zur Verfügung habe. Ein Carrefour Express Supermarkt ist auch in der Nähe. Es sind nur zehn Minuten Fußweg in die sehr schöne Altstadt.

Die sehe ich mir auch erst einmal an. Es ist Sonntag, die Kathedrale hat geschlossen, aber die Touristeninformation hat geöffnet. Der nette Mann versorgt mich mit Informationen zu Sehenswürdigkeiten und gibt mir eine Karte mit auf den Weg. Oviedo ist die Stadt, in der Rixa ihren Jakobsweg begonnen hat, daher gibt es hier auch viele Läden mit Schnickschnack für Pilgerer. Die haben auch geöffnet und ich besorge erst einmal ein paar Kleinigkeiten, die Rixa gerne hätte, denn sie hat am Anfang ihres Jakobsweges nicht zu viel Balast mitnehmen wollen.

Auf dem Parkplatz ist es in der Nacht total ruhig, so dass ich gut schlafe. Am näxten Morgen gehe ich zuerst zur Kathedrale. Da bekomme ich ein Ticket für eine Führung (natürlich in Spanisch), die mich in einer kleinen Gruppe auf den gothischen Kirchturm bringt. Bis dahin habe ich aber noch zwei Stunden Zeit und kann andere Sehenswürdigkeiten besuchen. 

Ich sehe mich erst einmal in der Altstadt um. Rund um den Plaza del Fontán gibt es viele kleine Tapasbars und Restaurants. Ich spaziere über uralte Pflasterstraßen durch schmale Gasse, sehe mir das Rathaus sowie die kleinere Kathedrale San Salvador an und laufe am Ententeich des Campo de San Francisco entlang. Im Park sitzt die kleine Mafalda auf einer Bank und ich bitte einen Mann mich mit ihr zu fotografieren. Mafalda ist eine im spanischen Sprachraum beliebte Comicfigur, die von einem argentinischen Zeichner erschaffen wurde. Gleich nebenan steht Woody Allen in Bronze gegossen auf der Straße seit er in Oviedo einen Film gedreht hat. 

Dann gehe ich etwas weiter raus aus der Innenstadt zum Palacio de Exposiciones y Congresos. Diese besondere Architektur, die wie ein Gerippe eines Wals aussieht, kommt mir aus Valencia bekannt vor. Auch in New York City am Ground Zero sieht die Metrostation sehr ähnlich aus. Ich recherchiere und tatsächlich sind alle drei Gebäudekomplexe vom selben spanisch-schweizerischen Stararchitekten Santiago Calatrava entworfen worden. Mir gefällt‘s.

Ich gehe in einen Eingang, der wohl aber nur für Mitarbeiter gedacht ist. Dort frage ich einen Mann, ob man das Gebäude von innen besichtigen kann. Das ist nicht möglich, sagt er. Dann laufe ich eben erst einmal drum herum. Oben am Berg befindet sich in diesem Gebäude ein Fünfsterne-Hotel. Fein, da gehe ich mal rein. Ich entschließe mich spontan eine Familie zu begleiten, die vor dem Fahrstuhl steht. Die steigt allerdings in der Tiefgarage aus. Dann kann ich nun alleine bis nach ganz oben in die dritte Etage fahren und mich umsehen. Von da oben hat man einen ganz anderen Blick auf das Gebäude. Allerdings sind die Fensterscheiben von außen doch sehr schmuddelig. Das ist nicht schön für meine Fotos und auch nicht passend für ein Fünfsterne-Hotel. Ich verzichte darauf mich zu beschweren und verlasse den Wal wieder.

Zurück in der Altstadt beginnt der Aufstieg auf die Kathedrale. Wir gehen 180 Stufen nach oben und die Ticketverkäuferin, die die Tour leitet, erzählt auch ein bisschen in Englisch. Wir sehen die Vorlagen der Außenskulpturen für die Restaurateure in Regalen liegen und die Glocken im Glockenturm hängen. Eine kleine Glocke läutet sogar während der Führung. Dann dürfen wir bis in die oberste Turmspitze gehen. Von da aus haben wir einen fantastischen Blick auf die ganze Stadt und die umliegenden Berge.

Oviedo besitzt nicht nur einige Gebäude, die die UNESCO als Welterbe ausgezeichnet hat, sie hat auch an vielen Stellen Hinweise auf den Camino de Santiago. Viele Pilgerer laufen von hier aus über den, vom Höhenprofil her, anspruchsvollsten Abschnitt des Jacobsweges, den Camino Primitivo. 

01.08.23: Im Fischerörtchen Cudillero

Mit Fuente geht es weiter durchs Sauerland, jedenfalls kommt es mir landschaftlich so vor. Ich fahre zurück zur Küste bis nach Cudillero, einem kleinen Fischerort, der zu den schönsten Küstenorten Asturiens zählt. Zwischendurch finden sich immer wieder Straßenschilder mit Jacobsmuscheln, die darauf hinweisen, dass hier Pelegrinos laufen können, auf die man aufpassen soll. Der Campingplatz direkt im Ort will mir keine Reservierung geben, was hier durchaus üblich ist, er will mir aber auch nicht schreiben, ob Platz ist. Stattdessen erhalte ich nur automatisierte Schreiben, die meine Anfrage nicht beantworten. 

Aber es gibt noch einen anderen kleinen Campingplatz in der Nähe, den ich online reservieren kann. Mit dem Fahrrad bin ich ja flexibel. Der Platz ist schön grün und eben und ich finde schnell einen schönen Stellplatz für mich. Hier gibt es keinen Meerblick vom Platz aus, aber ich kann mich ja auch zum Meer hinbewegen. Erst einmal ist Waschtag und ich spanne die Wäscheleine zum Trocknen. 

Am näxten Morgen fahre ich mit dem Fahrrad los. Eigentlich will ich in den Ort, aber ich bin auch neugierig, wie die Küste etwas weiter unten aussieht. Also erst einmal den Berg runter, wohl wissend, dass es anschließend wieder steil bergauf geht, wenn ich zurückfahre. Die Abfahrt lohnt sich. Der Strand unten ist grandios mit toller Aussicht. Es liegen dicke Felsbrocken im Wasser und die Leute klettern darauf herum, bevor sie ins Wasser springen. Nun geht es wieder in Serpentinen nach oben, am Campingplatz vorbei und in Richtung Cudillero.

Nun wird es bunt. Die Häuser im Ort El Pito, den ich durchfahre, sind blau, orange und gelb. Dann gibt es mehrere Abzweige und ich weiß nicht, welcher der bessere ist. Ich sehe auf meine Navi-App und finde den Fahrradweg über die Straße ganz schön lang. Der Fußweg ist deutlich kürzer. Nehme ich doch einfach den. Wo man zu Fuß hergehen kann, da kann man auch ein Fahrrad herschieben, meine ich. Das meine ich so lange, bis ich die Treppenstufen sehe, die in superschmalen und steilen Gässchen runter in den Ort führen. Mmmmh, die Idee mit dem Fahrrad war wohl nicht besonders gut.

Da ich sicher nicht denselben Weg zurücknehme, bleibe ich bei meinem Entschluss das Fahrrad bis runter ins Dorf zu schieben. Das geht auch nicht lange gut. Die Stufen sind zu steil und uneben und die Wege zum Teil sehr schmal. Es geht direkt an den Fenstern zu Küche, Wohnzimmer oder auch Schlafzimmer dieser zum Teil winzigen Häuschen entlang. Ich kann riechen, was die Leute so zum Mittagessen kochen. 

Gut, dass das Rad leicht ist. Ich muss es in einer Hand tragen und mit der anderen muss ich mich am Geländer festhalten, sonst ist da kein heiles Herunterkommen. Natürlich ist das Geländer nicht immer auf derselben Seite, weswegen ich die Hand am Geländer und die am Rad oft wechseln muss. Entgegenkommende Fußgänger halten mich bestimmt für verrückt, aber wenn man den Weg vorher nicht kennt, dann muss es eben so gehen. 

Unten angekommen sehe ich die Straße, auf der ich eigentlich hätte fahren sollen. Hier gibt es schöne kleine Tapasbars, Tourilädchen und Fischgeschäfte. Es riecht überall nach leckeren Fischgerichten. Ich parke erst einmal das Rad und erkunde den Ort zu Fuß. Auf dem Marktplatz gibt es noch mehr Restaurants und der Ort ist voller Touristen. Aber es gibt genug schöne Wege hinauf und wieder herunter durch die kreuz und quer am Hang stehenden Häuser und Häuschen. Ganz oben ist ein schöner Aussichtspunkt auf die vielen Häuser und Dächer und man kann den ganzen Talkessel überblicken. So einen schönen Fischerort am Hang habe ich noch nie gesehen.

Ich beschließe in einem der Lokale ein Tintenfischbein zu essen. Das mag ich sehr gerne und in Spanien wird es immer sehr gut zubereitet. Aber in dem ausgewählten Lokal will man mich nicht bedienen. Die beiden Spanierinnen vor mir sind die letzte Gäste vor der Siesta, sagt mir zumindest ein sehr unfreundlicher Kellner. Die beiden Spanierinnen versuchen noch einen Tisch für drei zu bekommen, werden bei dem Versuch mich einzuschleusen aber von demselben Kellner total angemeckert. Die beiden bleiben trotzdem, ich gönne diesem Laden nun sowieso keinen Cent mehr und gehe raus. Da ich keine Lust mehr habe mich, für den Wunsch Geld in diesem Ort auszugeben, schlecht behandeln zu lassen, fahre ich lieber zurück zum Campingplatz und esse, was der Kühlschrank so hergibt. Und das ist auch nicht schlecht!

Cudillero ist trotzdem ein sehr sehenswertes Örtchen, das ich gerne noch einmal besuchen würde.

04.08.23 Kathedralen im Wasser an der Playa de las Catedrales

Bevor ich mich morgen nach Galizien aufmache, rufe ich kurz bei meiner Mutter an, die meine Blogeinträge aufmerksam verfolgt. Zum letzten Sabbatjahr hat sie sich mit 83 Jahren erstmalig ein Smartphone zugelegt, damit sie meine Blogeintragungen sehen kann. Nach der Rückkehr hat sie sich ein Tablet zugelegt, damit sie die Bilder im Nachgang auch etwas größer sehen kann.

Nun ist sie 88 Jahre alt, informiert sich im Internet über die Welt oder Kochrezepte oder schöne Dinge, die sie bestellen möchte. Sie schreibt whatsApp-Nachrichten oder versendet Bilder. Nun versuche ich sie per Videocall zu erreichen. Das klappt zuerst nicht, weil sie bei ihrem Gerät nicht nur auf den Knopf zur Annahme des Videoanrufes drücken muss, sondern ihn dann auch zu irgendeiner Seite schieben muss. Beim zweiten Mal klappt es dann. Ich wundere mich allerdings, warum ich ein Auge so groß sehe und sage, sie soll das Handy doch mal weiter weglegen. Sie muss lachen, denn sie hat das Telefon automatisch ans Ohr gehalten. Nun ist klar, warum das Auge so groß war.

Glücklicherweise ist meine Mutter nicht der Meinung, dass sie diese „moderne Technik“ nicht mehr benötigt, nur weil sie schon älter ist. Sie nutzt genau das, was sie gebrauchen kann und arbeitet sich in alles ein, was ihr nützlich ist. Es soll ja Leute geben, die mit 65 schon digital aufgeben und sich damit die Chance nehmen auch im hohen Alter über Social Media Kontakt zur Außenwelt halten zu können. Aber das soll nicht Thema meines Blogs sein. Ich berichte hier über meine Reiseerfahrungen.

Ich befinde mich nun in Galizien am Playa de las Catedrales. Hier befinden sich Kathedralen im Wasser. Gemeint sind Felsformationen, die im Meer stehen und bei Ebbe erst ihre steinernen Bögen zeigen, die dann aussehen wie gotische Kathedralen. Durch diese Kathedralen kann man hindurchlaufen. Zumindest dann, wenn man sich ein Ticket besorgt hat, denn der Zugang zu den Kathedralen ist streng limitiert. Das Ticket kostet nichts, aber von Juli bis September muss man mindestens zehn Tage vorher eins reserviert haben. Das habe ich natürlich gemacht, ich habe sogar zwei für die näxten beiden Tage. Man weiß ja nie wie so das Wetter wird.

Heute fahre ich einfach nur an den Klippen entlang und sehe die Buchten und Strände von oben an. Mit den Felsen im Wasser sieht eine Bucht schöner aus als die andere und mir begegnen dabei kaum Leute. Ich kann kilometerweit fahren und überall sind schöne Wanderwege, zum Teil mit Stegen, am Wasser entlang. Es sieht hier so ähnlich aus wie bei den 12 Aposteln in Australien, nur dass dieser Spot nicht so bekannt ist.

Am Zugang zu den Kathedralen ist es dann ziemlich voll, da alle Leute dort hinunter wollen. Ohne Ticket wird das aber nichts. Unten am Wasser sind tatsächlich nicht so viele Leute, so dass sie in Ruhe um die Kathedralen herum spazieren können. Wer kein Ticket hat, der hat trotzdem einen wunderschönen Blick von oben aufs Wasser und die Felsen.

Da mich der blöde Kellner in Cudillero geärgert hat, koche ich nun selbst: Pulpo a la Ruxada mit Pimientos. Ein Gläschen Wein dazu und anschließend einen Sonnenuntergang am Wasser ansehen, das passt.

Am näxten Morgen gehe ich schon früh zu den Kathedralen runter. Da um zwölf Uhr Ebbe ist, kann ich ab zehn Uhr runter zum Strand mit den Steinformationen. Ich bin pünktlich da und nur wenige weitere Besucher kommen schon jetzt. Wir können in aller Ruhe um die Felsen herum oder durch sie hindurch laufen, sofern das Meer sie schon freigibt. Immer wieder rücken plötzlich Wassermassen an und ich muss aufpassen, dass mein Fotoapparat nicht nass wird.

Ich laufe sehr weit und lange unten herum. Leider kommt die Sonne recht spät aus den Wolken heraus, als schon viel mehr Leute da unten herumrennen. Am näxten Tag ist etwa eine Stunde später Ebbe. Da ist es dann schon sofort recht voll unten am Wasser. Ich laufe wieder rund drei Stunden hin und her und genieße dieses wunderbare Fleckchen Erde. Einen so schönen und beeindruckenden Strand habe ich noch nirgendwo gesehen!

07.08.23: Bei Herkules in A Coruña

Nur ungern verlasse ich die Meereskathedralen, aber es geht weiter nach A Coruña, das weiter westlich auf einer Landzunge liegt. Es ist nicht nur durch die Fußballmannschaft Real Club Deportivo de La Coruña bekannt, die 1999/2000 spanischer Meister wurde oder durch das galizische Estrella-Bier sondern insbesondere auch durch den römischen Herkulesturm. Der Legende nach soll Herkules den Riesen Geryon enthauptet haben und den Leuchturm dann auf seinem Grab errichtet haben.

Dieser Leuchtturm ist der älteste noch funktionierende Leuchtturm der Welt und er hat über hunderte von Jahren den Menschen den Weg erleuchtet. Heute gehört er zum Welterbe der UNESCO. Für drei Euro darf ich die 242 Stufen rauflaufen und habe einen schönen Rundumblick auf A Coruña und die Küste. Von oben kann ich neben dem großen Kompassmosaik wieder viele Wege am Meer entlang erkennen. Ich fahre ein bisschen mit dem Fahrrad am Meer entlang und entdecke Skulpturen, die ein bisschen an Stonehenge aus England erinnern, die Menhire des Friedens. Überall in A Coruña stehen viele interessante Skulpturen und Monumente. 

Ich kann einfach mit dem Rad überall herumfahren und es stört niemanden, ob das nun ein Fußweg ist oder nicht. Es steht auch nirgendwo ein Schild, man darf hier einfach sein. Es ist herrlich entspannt überall, jeder achtet ein bisschen auf den anderen und alle scheinen zufrieden zu sein. An der langen Promenade gibt es sogar zwei Spuren für Läufer, zwei für Radfahrer und einen Bereich für Spaziergänger, so dass jeder sich so bewegen kann wie er mag. Das ist spitze, finde ich und so habe ich es noch nirgendwo gesehen.

Im Altstadtkern ist es heute, trotz dass Sonntag ist, nicht sehr voll. Wo sind denn die Leute am Wochenende? Dann sehe ich auf einmal jede Menge Leute am Hafen, dort liegt jetzt auch ein Kreuzfahrthochhaus, die Anthem of the Seas. Auf einem Kunstmarkt und am Meer laufen alle herum. Vor den Restaurants bilden sich lange Schlangen, für eine Eiskugel muss man ebenso lange warten. Ich esse heute im Busrestaurant Zur roten Kirsche und freue mich, dass ich nicht anstehen muss.

Am näxten Morgen fahre ich rauf zum Monte de San Pedro. Eigentlich fährt dort eine Funicular hoch, aber die ist bis auf weiteres geschlossen. Von unten kann man den silbernen Wagen in Form einer Kugel stehen sehen.  Also geht es weiter hoch mit dem Fahrrad. Dann komme ich an einem riesigen Pulpo, meinem Lieblingsmeerestier, vorbei. Diese Skulptur gefällt mir sehr! Ein Fußgänger schlägt vor, ein Foto zu machen und wir tauschen die Kameras und uns am Pulpo aus.

Auf dem Berg gibt es eine Sternwarte, weitere Skulpturen und die Kugel, die nicht mehr fährt. Außerdem habe ich einen schönen Blick auf A Coruña. Auch hier oben ist niemand, der mir verbietet, mein Fahrrad überall herumzuschieben. Also bleibt es bei mir und ich schiebe es über Wege, Wiesen oder Steine. Anschließend finde ich per Navi noch eine attraktive Sehenswürdigkeit. Wieder eine Steinskulptur, die nur ein paar Kilometer entfernt ist. Ich lasse mich von der Naviapp leiten und natürlich geht es erstens wieder bergauf und zweitens über einsame Wege, auf denen mir niemand begegnet. Ganz oben muss ich fast alleine lachen. Da liegt ein großer Stein quer auf drei anderen. Das ist alles. Na gut, einen Fitnesspunkt gibt es ja sicher für diesen überflüssigen Aufstieg.

Nun geht es schön bergab und das näxte Ziel ist wirklich attraktiv. Die Brauerei Estrella Galicia wartet schon auf mich, denn ich habe mir gestern ein Ticket für eine Besichtigung besorgt. Das Gebäude sieht von außen schon klasse aus und es riecht wie in Kindertagen nach diesem wunderbaren Bierbrauduft. Ich habe nämlich in den ersten sechs Jahren meines Lebens neben der Lindenbrauerei in Unna gewohnt und dieser Geruch erinnert mich immer daran. Auch innen gibt es viel zu sehen und die Ausstellung über die Prozesse der Bierherstellung ist wirklich gut gemacht. Besonders gefällt mir, dass man auch direkt in die Produktionshallen hineinsehen kann und dort die Flaschen über Bänder laufen und dann verpackt werden. Zum Schluss darf ich im Tastingroom ein frisches Bierchen probieren.

Das schmeckt mir so gut, dass ich nach einem zweiten frage. Aber der Tastingroom ist keine Bar, daher kann ich kein weiteres Bier kaufen. Der Kellner hat aber wohl meinen Durst erkannt und meint, er könne mir noch ein halbes Glas geben. Da habe ich natürlich nichts dagegen und auch nicht, dass dieses Glas dann noch voller ist als das erste.

Ich fahre zurück zum Bus und unterwegs begegnet mir ein großer Supermarkt. Das ist praktisch, denn nun kann ich ja noch schnell ein paar Kleinigkeiten einkaufen und kann mir den Halt am Supermarkt morgen ersparen. Wie schön, dass es in diesem Supermarkt, das leckere Bier von eben zu kaufen gibt. Ich lege ein Zehnerpaket in meinen Einkaufswagen und zusammen mit den Bananen und diversen anderen Sachen ist der Wagen nun schon etwas gefüllt. Ich habe aber nur einen Ruxsack dabei und mein Rad hat keinen Gepäckträger. Wird schon irgendwie gehen, denke ich und kaufe an der Kasse mal noch besser eine Einkaufstasche für das Bier. Es geht nicht besonders gut, aber ich hänge die schwere Tasche mit Bier und Bananen einfach an eine Lenkerseite und jongliere sie mit etwas Restalkohol unfallfrei nach Hause.

09.08.23: Santiago de Compostela ist das Ziel. Oder doch der Weg?

Ich habe mich auf einen Campingplatz in der Nähe von Santiago de Compostela platziert. Von hier aus fahre ich morgen mit einem öffentlichen Bus zum Start meiner Wanderung. Bevor ich den Ruxsack packen kann, ist erst einmal Waschtag und ich hänge meine Wäsche zwischen Bus und Baum auf. Dann habe ich noch einen Tag Zeit, mich in der Stadt umzusehen.

Morgens früh um sieben höre ich merkwürdige Geräusche auf dem Busdach unter dem ich schlafe. Es hört sich ein bisschen wie Regentropfen an, das kann aber gar nicht sein, denn es ist schönes Wetter angesagt. Sind das etwa doch Regentropfen? Soll ich abwarten oder aufspringen und die Wäsche retten? Ich entscheide mich dazu, aufzuspringen, denn nasse Wäsche kann ich im Wanderruxsack nicht gebrauchen. Leider gibt es auf diesem Campingplatz keinen Wäschetrockner, also spanne ich kurzerhand die Wäscheleine im Bus und hänge dort alles auf. Die Fenster stelle ich auf Durchzug, damit wird es wohl trocknen. 

Ich lege mich wieder hin und warte ab, bis das Wetter etwas besser ist. Dann fahre ich mit dem Fahrrad nach Santiago de Compostela. Eine sehr beeindruckende Stadt, insbesondere die Kathedrale ist sehr imposant und ich kann sogar hineingehen. Viel Silber und Gold begegnen mir und ich sehe die Schatztruhe mit den Gebeinen des heiligen Jakobus, der als Patron der Pilger und Wallfahrer gilt. Daher gilt auch die Jakobsmuschel, neben den Pfeilen, als Symbol der Pilgerer. 

Der überdimensional große Weihrauchkelch, der Botafumeiro, hängt unter der Decke. Manchmal wird er in einer Messe durch das ganze Kirchenschiff geschwungen, aber zur Zeit leider nicht, da in der Kathedrale etwas renoviert wird. Ich gehe ein bisschen durch die schönen Altstadtgassen und sehe immer wieder glückliche Pilger am Ziel ankommen.

Dann kaufe ich in einem kleinen Laden einen Aufnäher und frage nach einem T-Shirt. Der nette Mann spricht einen Mix aus Spanisch, Englisch und Deutsch und damit verstehen wir uns prima. Dann kramt er plötzlich einen Zettel hervor, den ich lesen soll. Da steht, dass Mochos kleine Hände und Pfeile sind, die als Symbol der Freundschaft auf der Pilgerreise nach Santiago zählen. Sie sind aus Kunststoff und werden nicht verkauft. Sie werden den Leuten gegeben, die man auf dem Camino trifft. Seit 1999 sollen schon 800.000 Mochos verteilt worden sein. Nachdem ich den Zettel gelesen habe, kramt er aus einer Tüte etwas hervor und steckt es in meine Hand. Es ist eine kleine Hand und ich freue mich über die Geste! Ich kann sie bei Gelegenheit auf dem Camino weiterreichen.

Als ich zurück am Bus bin, ist die Wäsche fast trocken und es ist mittlerweile sonnig geworden. Ich hänge sie noch schnell etwas raus, denn nun muss ich wirklich meinen Ruxsack packen. Ich hoffe, dass ich an alles gedacht habe, was ich in den näxten zwei Wochen gebrauche.