11.08.24: Städtetour ins urige Gent

Unsere jährliche Nachbarschaftstour geht in diesem Jahr nach Gent. Niemand von uns acht war bisher schon mal da, aber jeder, der Gent kennt, empfiehlt es. Wir haben schon viele Städte besucht, so dass die Auswahl des näxten Ziels mittlerweile eher von der Unterkunft abhängig gemacht wird. Unsere Unterkunft sollte im fußläufigen Bereich zur Stadt liegen und vier ähnlich große Zimmer für vier Paare haben. Am liebsten übernachten wir in einem Apartment oder Haus, so dass wir uns selbst versorgen können, abends zusammen sitzen können und morgens zusammen frühstücken. Den Rest des Tages verbringen wir mit Besichtigungen aller Art, wobei die Pausen mit Erfrischungsgetränken nicht zu kurz kommen sollten. Bisher haben wir es immer geschafft, eine passende Unterkunft in einer schönen Stadt zu finden. Die Zimmer werden ausgelost, so dass es immer Zufall ist, wer in welchem Zimmer übernachtet.

Klaus, der Hummer und ich fahren in diesem Jahr zuerst los. Nachdem wir das Nadelöhr „Kennedytunnel“ in Antwerpen mit Stau überwunden haben, parken wir schon früh vor der Unterkunft ein. Nun geht es erst einmal in die Stadt zu einer ersten Erkundung bis die anderen kommen. Gent ist mit 260.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Belgiens. Die Universitätsstadt hat eine verkehrsberuhigte Innenstadt und ist bekannt für ihre mittelalterliche Architektur, etwa die Burg Gravensteen aus dem 12. Jahrhundert und die Gebäude an der Graslei, eine Reihe von Zunfthäusern am Leiehafen. Bevor wir uns tiefer in die Stadt hinein begeben, gehen wir zurück zur Unterkunft und warten auf die anderen.

Nachdem alle eingetrudelt sind, geht es los ins Stadtzentrum. Wir gehen vorbei an bunten Giebelhäusern und entlang am Lieve-Kanal, es gefällt uns allen richtig gut. Dann kommen wir an der Graffitistraße vorbei, einer schmalen Gasse, die komplett mit Streetart-Gemälden an den Wänden verziert ist. Hier ist es bunt und richtig klasse. Wir gehen weiter und kehren in das eine oder andere Mal in einer netten Kneipe ein, von denen es hier jede Menge gibt, bevor wir uns auf den Heimweg machen.

Da es schon spät ist, müssen wir zu Hause leise sein, um die Nachbarn nicht zu stören. Die Vermieter haben mehrfach darum gebeten und im Haus befindet sich sogar ein Geräuschsensor. Der landet zum Schutz schließlich in einem Backhandschuh, denn selbstverständlich sind wir auch ohne Überwachung leise. Wir lassen den Abend im Wohnzimmer ausklingen und freuen uns über dieses schöne Reiseziel und dass wir mal wieder zusammen sind.

Nach dem Frühstück am näxten Morgen gehen wir zuerst zum Genter Belfried, dem mit 95 Metern höchsten Kirchturm Belgiens und Welterbe. Er steht zwischen St. Bavo-Kathedrale und der St. Niklaskirche, mit deren Türmen er auf einer Linie steht. Gemeinsam bilden sie die berühmte Genter Dreiturmreihe drie torens van Gent. Von der Turmspitze aus wacht ein feuriger Drache über das historische Stadtzentrum. Das sehen wir uns natürlich an. Die beiden mit der Höhenangst warten unten auf die Fotos, die wir machen. Der Ausblick ist klasse. Wieder unten sehen wir uns die St. Bavo-Kathedrale mit seinem beeindruckenden Interieur an. Nach einer kleinen Pause geht es weiter zur Burg Gravensteen, die sich mitten im Stadtzentrum befindet. Sie ist die Burg der Grafen von Flandern und eine der größten Wasserburgen Europas. Da wir erst für später ein Zeitticket ergattern können, machen wir erst einmal eine Bootstour über die Leie.

Wir sitzen ganz schön gequetscht im kleinen Boot und leider haben einige von uns die falsche Bootsseite erwischt. Der Käp‘tn erklärt uns nur die Sehenswürdigkeiten auf der linken Bootsseite. Da wir dort sitzen und wir uns schlecht umdrehen können, sehen wir manche Dinge gar nicht richtig. Auf dem Rückweg findet er wieder nur Sehenswürdigkeit auf der linken Seite. Schade, da haben wir einiges verpasst. Noch dazu verteilt er am Anfang der Fahrt bunte Sonnenschirme, die auch von einigen genutzt werden. Statt Sehenswürdigkeiten sehe ich vielfach nun auf die blöden Schirme. Daher schippern wir also einfach so ein bisschen durch Gent. Naja, das hatte ich mir schöner vorgestellt.

Dafür dürfen wir jetzt in die Burg und die lohnt sich. Der Blick auf Gent von der Turmebene aus ist toll und das Gebäude ebenso. Nach einem Spaziergang auf der Burgmauer um das Gebäude herum treffen wir uns wieder und legen erst einmal eine schöne Pause am Wasser mit einem Kaltgetränk ein. Dann flanieren wir weiter durch Gent ohne eine weitere Sehenswürdigkeit anzusteuern, denn die Stadt selbst ist insgesamt einfach sehenswert. Hier haben sich schon vor Jahrhunderten etliche Gebäude angesiedelt, frühere Kaufmannshäuser, die inzwischen Restaurants, Kneipen und Cafés beherbergen. Die vielen Giebelhäuser, die sich im ganzen Stadtgebiet finden und die engen Gassen sowie die Leie machen Gent zu einer besonders charmanten Stadt. Die Kneipendichte ist phänomenal, so dass es nicht schwierig ist, ab und zu eine geeignete Einkehrmöglichkeit für uns zu finden. Fast alle historischen Gebäude werden bis tief in die Nacht angestrahlt. So können wir uns auch nach Sonnenuntergang noch an den historischen Kulissen der Stadt erfreuen. Gent gefällt uns allen sehr gut.

Am näxten Morgen treten wir den Heimweg an und wir freuen uns schon auf die näxte gemeinsame Reise, deren Ziel noch festgelegt wird. Nun endet mein Sabbatjahr.

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Fazit zum Sabbatjahr

Dieses Mal war alles anders! Statt einer langen Reise gab es viele kurze Reisen, mal alleine, mal zusammen mit Klaus oder anderen. Mit den Tapastanten in Madrid, den Nachbarn am IJsselmeer, danach einige Tage mit Rixa in Lacanau-Oceán, anschließend mit dem roten Bus an der spanischen Nordküste entlang und in Portugal zu einer Hochzeit von Reisefreunden aus dem ersten Sabbatjahr waren ein gelungener Beginn des freien Jahres. Es gab viele Begegnungen mit neuen und alten Freunden in und aus verschiedenen Regionen der Welt. Das hat mir am besten gefallen. Am meisten beeindruckt hat mich das Wandern über 315 Kilometer auf dem Camino de Santiago. Es war der anstrengendste Part im freien Jahr und gleichzeitig war es das schönste Erlebnis, das ich machen durfte. Ich habe mit so vielen Leuten aus der ganzen Welt gesprochen und Freunde gewonnen, von denen ich einige später in Porto, Valencia, Utrecht und Tokyo wiedergetroffen habe. Genau heute vor einem Jahr bin ich die erste Etappe von León nach Hospital de Orbigó gewandert. Diese besonders anstrengenden und zugleich glücklichen Tage bis zum Ziel in Santiago de Compostela waren die besten im Sabbatjahr.

Das bedeutet natürlich nicht, dass die anderen Reisen nach Georgien, Island, Norwegen und insbesondere nach Japan und Südkorea nicht beeindruckend waren. Ebenso waren die kürzeren und nicht so weiten Reisen nach Lenggries, Berlin, Texel, London, Hamburg, Winterswijk und Sevilla wunderbar. Ulli in Ulm zu besuchen, was wir jahrelang verschlafen haben und Max in Wien zu treffen und seine Freundin Agi kennenzulernen, hat uns sehr gefreut. Die anschließende Fahrradtour von Wien nach Budapest war, sicher auch aufgrund der enormen Anstrengung, die damit verbunden war, ein echtes Highlight. Der Abschluss der Fahrradtour in der wunderbaren Metropole Budapest hätte nicht besser sein können. Das Treffen mit meinem Bruder Volker und meiner Schwägerin Heidi in Heiligenblut war auch ein Highlight, obwohl es nur kurz war, denn wir sehen uns nicht so oft. Mailand als Metropole kennenzulernen und noch einmal in Lacanau-Oceán, unserem altbekannten Urlaubsort zu verweilen, haben wir sehr genossen. Die Olympische Spiele in Paris zusammen mit Hagi waren einfach nur grandios und zum Abschluss das schöne Städtchen Gent mit den Nachbarn haben das Sabbatjahr insgesamt zu einer wundervollen Erfahrung gemacht, die ich nicht missen möchte!

So unterschiedlich die beiden Jahre auch waren, eine lange Auszeit von allen beruflichen Verpflichtungen und die Möglichkeit in dieser Zeit viel zu verreisen und die Welt weiter kennenzulernen, ist eine echte Chance im Leben. Ich bin glücklich darüber, dass es diese Möglichkeit in meinem Lehrerberuf gibt und ich die Zeit so verbringen konnte.

followyournose bleibt mein Motto, denn neben meinem Beruf als Lehrerin, den ich sehr liebe, gibt es genügend Freiräume für weitere Reisen. Ideen für die näxten Reiseziele habe ich genug! 🙂