12.07.24: Zu Besuch bei Ulli in Nersingen

Die Sommerferien haben, genauso wie mein letzter Abschnitt des Sabbatjahres, gerade begonnen. Klaus und ich starten mit dem roten Bus schon früh am Morgen in Richtung Ulm. Da waren wir noch nie, obwohl im Nachbarort Nersingen schon seit vielen Jahren der Sohn meines längst verstorbenen Patenonkels wohnt. In diesem Jahr schaffen wir es erstmalig ihn zu besuchen, weil es quasi auf unserem Weg nach Wien liegt. Ullis Frau Lene ist im Dezember plötzlich und völlig unerwartet verstorben, so dass er nun alleine mit seinem Rhodesian Ridgeback dort wohnt.

Bevor wir in Nersingen Station machen, halten wir in Ulm an und sehen uns das berühmte Ulmer Münster an. Das Ulmer Münster ist der größte evangelische Kirchenbau Deutschlands. Er wurde im gotischen Stil von 1377 bis zu seiner Vollendung 1890 erbaut. Sein 162 Meter hoher Turm ist fünf Meter höher als der Kölner Dom und damit der höchste Kirchturm der Welt! Das hatte ich tatsächlich nicht gewusst und nicht erwartet, noch dazu im kleinen Städtchen Ulm. Es sieht von unten jedenfalls nicht so hoch aus wie der Kölner Dom, aber das liegt vermutlich daran, dass es sich nur um einen Turm handeln und nicht um zwei hohe Türme.

Anschließend fahren wir zu Ulli. Wir werden sofort von Happy, dem Hund, und natürlich auch von Ulli herzlich begrüßt. Nachdem wir unsere Sachen für die beiden Tage ins Haus gebracht haben, laufen wir erst einmal eine Runde mit Happy durch die Landschaft. In der Nähe eines Sees treffen wir auf ganz schön viele Mücken, aber die fliegen zum Glück eher zu Klaus. Ansonsten sind wir alle happy, dass wir zusammen sind. 

Am Abend essen wir in einem italienischen Restaurant und danach sehen wir uns zusammen das EM-Spiel „Niederlande gegen England“ an. Wir sind zwar alle für die Niederlande, finden aber, dass die Engländer besser gespielt haben und daher verdient gewonnen haben. Daher freuen wir uns nun auf das Endspiel „Spanien gegen England“!

Vor dem Frühstück am näxten Morgen gehen wir erst einmal eine Runde mit Happy an der schönen blauen Donau entlang. Es ist schon ordentlich warm und die Sonne zeigt sich von ihrer besten Seite. Dazu schöne Schäfchenwolken am Himmel und wunderbare Spiegelungen im Wasser. Sehr idyllisch. Dann freuen wir uns auf ein ausgiebiges Frühstück draußen auf der Terrasse. 

Da Ulli tagsüber einen Termin hat, mache ich mich mit Klaus noch einmal auf den Weg nach Ulm. Heute möchte ich rauf auf den höchsten Kirchturm der Welt. Klaus bleibt mit seinem angeschlagenen Knie unten, während ich bis auf 102 Meter Höhe fast 600 Stufen erklimme. Das letzte Stück im Turm ist aufgrund von Sanierungsarbeiten leider geschlossen, aber von dieser Ebene aus habe ich schon einen fantastischen Rundumblick über Ulm und einen Abschnitt der Donau. Außerdem hängen hier oben zum Glück genügend Gargoyles, die die Kirche vor bösen Mächten schützen. Ich finde diese seltsamen Figuren einfach klasse. 

Wieder unten gehe ich mit Klaus zum schiefstem Hotel der Welt, wenn man dem Guinness-Buch Glauben schenken will. Es ist ein schönes altes und kleines Fachwerkhaus im ehemaligen Fischerviertel, das 1443 um ein älteres, kleines Gebäude herum erbaut wurde. Der Überhang wurde dann immer tiefer in das Flüsschen Blau gedrückt, daher wird es seit 1873 durch Beton gestützt.

Am Nachmittag treffen wir uns zu Kaffee und Kuchen im Garten wieder. Anschließend ziehe ich im Pool erst einmal ein paar Bahnen, das ist heute die passende Erfrischung  bei dem warmen Wetter. Am Abend lädt Ulli uns in ein besonderes asiatisches Restaurant ein. In Buddhas Kitchen bekommen wir leckere asiatische Gerichte, die uns mit Nebelschwaden serviert werden. Das Essen schmeckt spitze und sieht auch noch klasse aus.

Da wir uns viele Jahre nicht gesehen haben, was ich heute sehr bedauere, haben wir uns viel zu erzählen und erinnern uns insbesondere an die alten Zeiten, in denen wir mit unseren Eltern in Unna zusammen gefeiert haben. Ich war damals noch ein Kind und durfte beispielsweise am Silvesterabend nicht bis Mitternacht wach bleiben, da unsere Eltern um die Bowlenschüssel herumsaßen und lieber ohne kleine Kinder feiern wollten. Kurz vor Mitternacht wurden mein Bruder und ich dann geweckt und wir durften das Feuerwerk draußen mit ansehen. Diese und viele andere Erlebnisse von früher holen wir hervor und erzählen sie uns. Ein wunderbarer Abend zusammen!

Am näxten Morgen starten wir schon früh und fahren weiter nach Wien, nicht ohne zu verabreden, mit dem näxten Treffen nicht mehr so lange zu warten. Ich freue mich jetzt schon drauf!

13.07.24: Wien: Offenes Bier am Würstelstand und Sachertorte mit Agi und Max.

Auf dem Weg nach Wien hören wir Radio Kronehit. Sie spielen gerade Last Christmas! Die Temperaturanzeige im Bus zeigt 31,5 Grad. Das ist bestimmt ein erstes Vorzeichen auf die bevorstehende Weihnachtszeit. Wir halten unterwegs an einem Aldi. Der heißt hier allerdings Hofer. An der Kassa gibt es ein Sackerl für unsere Einkäufe. Nebenan an der Expresstankstelle hängt eine Werbung für ein Laufhaus. Da kann man sich sportlich betätigen, aber nicht auf einem Laufband, sondern eher in der Horizontalen. Wir merken sehr schnell, dass wir nicht mehr in Deutschland sind. 

Da man den Campingplatz in Wien nicht vorbuchen kann und sich telefonisch niemand meldet, stellen wir unseren Bus auf einem einfachen Stellplatz ab. Das genügt für die wenigen Tage, die wir in Wien bleiben.

Nachdem wir den Bus abgestellt haben, fahren wir erst einmal mit der U-Bahn zum Stephansdom mitten im Zentrum von Wien. Wir waren 1998 schon einmal mit Klaus’ Bruder Igel und meiner Schwägerin Anne im und auf dem Stephansdom, aber meine Erinnerung daran ist schon leicht verblasst. 

Der Stephansdom, von den Wienern auch kurz “Steffi“ genannt, ist eins der bedeutendsten Wahrzeichen Österreichs. Die Anfänge des Doms gehen auf das Jahr 1137 zurück. Seit 1365 ist Steffi Domkirche, seit 1469/1479 Kathedrale und seit 1723 Metropolitankirche des Erzbischofs von Wien. Der Architekt hatte offenbar einen Faibel für Zahlenspiele. Die Zahlen Drei und Vier bilden nämlich die Grundlage des Domes. Setzt man hinter die Zahl Drei die Sieben, so erhält man die 37, die „Maßzahl“ des Domes. Drei mal 37 ergibt dreimal die Eins, also 111 – ein sinnreiches Symbol der Dreifaltigkeit. 111 Fuß (ein Fuß sind ungefähr 32 Zentimeter) ist der Dom breit. Drei mal 111, also 333 Fuß ist der Dom lang. Vier mal 111 ergibt 444: ebenso viele Fuß beträgt die Höhe des Südturmes. Sieben mal sieben mal sieben, also 343 Stufen führen bis zur Türmerstube des hohen Turmes. Daraus lässt sich sicher mal eine schöne Matheaufgabe für meine Schüler basteln.

Wir gehen nur kurz in den Dom, da wir ihn morgen zusammen mit unserem Sohn Max und seiner Freundin Agi sowieso noch einmal ansehen werden. Seit einigen Monaten lebt Max hier in Wien zusammen mit Agi in einer Wohnung im 10. Bezirk.

Danach fahren wir zum Donaukanal und werden da von einem heftigen Gewitter überrascht. Wir retten uns unter eine Brücke und sind hier nicht alleine. Viele andere warten mit uhs auf das Ende des Gewitters, sogar Tanzgruppen, die einfach hier weiter üben. Als der Regen etwas nachlässt wagen wir den Weg über die Brücke zur U-Bahn-Station und fahren zurück zum Bus.

Am näxten Tag sind wir mit Max und Agi vorm Stephansdom verabredet. Vorher fahren wir erst mal mit der U-Bahn zum Naschmarkt, dem man keinen besseren Namen hätte geben können. Neben Oliven über Türkischen Honig, Wurstspezialitäten, bunte Käsesorten und andere internationale sowie traditionell österreichische Spezialitäten gibt es hier so ziemlich alles. Ich probiere erst einmal ein Mohnzelten mit Poppy Seed. Das ist eine Art Brötchen mit superleckerer Mohnfüllung. Mmmmh. Gegenüber liegt das ehrwürdige Café Savoy, in das wir nur kurz einen Blick werfen. 

Wir fahren dann zum Stephansdom und nehmen in der Nähe ein Offenes Bier am Würstelstand. Das ist ein gezapftes Ottakringer, das normalerweise in der Dose verkauft wird. Dann heißt es 16er Blech, wobei die 16 für den 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring und Blech für das Dosenmaterial steht. Ab 2007 führte die Brauerei sogar einige Jahre eine Dosenbier-Marke 16er Blech im Sortiment. Dass der Würstelstand sogar Fassbier verkauft, finden wir genial.

Nun freuen wir uns Max wiederzusehen, Agi kennenzulernen und zusammen mit beiden den Tag in Wien zu verbringen. Zuerst fahren wir mit dem Fahrstuhl auf Steffis Nordturm. Von hier aus haben wir einen grandiosen Ausblick über Wien und auf die bunten Dachziegel, mit den Wappen der Stadt Wien und Österreichs. Wieder unten nehmen wir an einer Führung teil, die uns durch Steffis Katakomben führt. Hier unten liegen die Gebeine von Österreichischen Bischöfen und Erzbischöfen sowie mehreren tausend weiteren Personen. Noch heute werden die Bischöfe und Erzbischöfe hier beerdigt. 

Als näxtes gehen wir zum renommierten Hotel Sacher, das seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zu den besten Adressen in Wien zählt. Vor dem im Haus befindlichen Café Sacher stehen die Leute schon Schlange. Ich habe vorgesorgt und schon vor ein paar Wochen einen Tisch reserviert, daher können wir einfach an der Schlange vorbei gehen und bekommen einen schönen Tisch. Wir lassen uns ein Stück der berühmten Sachertorte schmecken und unterhalten uns über Gott und die Welt. Es macht viel Spaß mit den beiden und Agi erzählt uns viel über Wien und seine Besonderheiten. Sie stammt aus der Umgebung von Wien und hat einen wunderbaren Wiener Dialekt, dem ich ewig zuhören könnte. 

Wir schlendern dann zusammen durch Wien, vorbei an Häusern aus der Gründerzeit, die hier so zahlreich zu finden sind und sehr imposant wirken. Wir sehen uns die Gebäude der Oper, der Hofburg und verschiedener Museen an bis wir in einen Bus steigen, der uns zur neuen Wohnung der beiden bringt. 

Die Wohnung liegt ebenfalls in einem Haus aus der Gründerzeit und hat hohe Decken und einen Parkettfußboden. Die beiden haben sie wunderbar eingerichtet, es gefällt uns. Wir essen zusammen zu Abend und dann verabschieden wir uns und machen uns auf den Rückweg zu unserem Bus. Es war ein toller Tag mit den beiden.


15.07.24: Wiener Schnitzel im Wienerwald und das bunte Hundertwasserhaus

Heute fahren wir zuerst einmal zur barocken Karlskirche, die Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut wurde und zu den Wahrzeichen Wiens gehört. Drinnen gibt es viele barocke und goldene Elemente. Auf der Panoramaterrasse haben wir einen schönen Blick auf die Stadt und den Kuppelbau des kunsthistorischen Museums.

Anschließend zieht es uns zur Nationalbibliothek. Wir sehen uns den Prunksaal der, im 18. Jahrhundert erbauten, ehemaligen Hofbibliothek mit 80 Metern Länge und 20 Metern Höhe an. Mit über 200.000 historischen Büchern zählt dieser einzigartige Bibliothekssaal zu den schönsten der Welt. Eine aufwendig geschmückte Kuppel und zahlreiche Fresken sorgen für kaiserliches Flair. Ob Sissi hier wohl auch viele Bücher ausgeliehen hat?

Dann geht es noch einmal zurück zur Steffi. Wir erklimmen heute den Südturm, in dem es keinen Fahrstuhl gibt und 343 Stufen auf Klaus‘ angeschlagenes Knie warten. Dafür bekommen wir wieder einen schönen Blick auf das sonnige Wien und das Mosaik eines Doppeladlers sowie das Symbol des österreichischen Reiches, als es von den Habsburgern beherrscht wurde.

Jetzt haben wir uns aber eine Pause verdient. Im Wienerwald essen wir ein halbes Hendl und ein Wiener Schnitzel. Dann fahren wir mit der U-Bahn zum bunten Hundertwasserhaus, dessen Fassade allerdings mittlerweile schon etwas schmuddelig geworden ist. Mir gefällt es trotzdem. Bunt ist ja schließlich meine Lieblingsfarbe!

Das Endspiel der EM sehen wir heute Abend in einer Kneipe mit einem großen Bildschirm in der Nähe unseres Stellplatzes. Wir sind drinnen die einzigen Gäste, aber die Wirtin und der Barkeeper halten mit uns zu Spanien!  Das Spiel endet 2:1 für die Spanier, die verdient ihren vierten EM-Titel erkämpft haben! Der Barkeeper erklärt uns die verschiedenen Biergrößen für unsere Bestellungen. A Pfifferl ist ein 0,2 l Glas, a Seiterl0,3 l, a Krügerl 0,5 l, alles klar! 

Am näxten Morgen verlassen wir den Stellplatz und machen uns mit unseren Fahrrädern auf zur Donauinsel.