01.03.24: Auf dem Weg nach Berlin

Eigentlich geht es gar nicht nach Berlin. Klaus, meine Mutter und ich fahren heute nach Hohen-Neuendorf. Dort wohnt mein Bruder Volker mit seiner Familie direkt am Rand von Berlin. Der Einfachheit halber sage ich meistens: „Ich fahre nach Berlin.“, was auch immer stimmt, denn ich bin noch nie nur nach Hohen-Neuendorf gefahren, sondern besuche immer auch Berlin. Aber heute geht es erst einmal zur Verwandtschaft ins Grüne.

Ungefähr 60 Kilometer vor Hohen-Neuendorf liegt Beelitz. Dort befinden sich die Beelitzer Heilstätten, die am Anfang des 20. Jahrhunderts als Sanatorium für Lungenkranke errichtet wurden. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die zum Teil schwer beschädigten Heilstätten von der Roten Armee übernommen und dienten bis 1994 als größtes Militärhospital der sowjetischen/russischen Armee im Ausland. Anschließend begann der Verfall der Gebäude und der Vandalismus nach jahrelangem Stillstand. 2015 wurde auf dem Gelände ein mittlerweile über 700 Meter langer hoher Baumkronenpfad errichtet, der die Ruinen überquert. Darauf freuen wir uns schon.

Die verfallenen Gebäude kann man in einer geführten Tour besichtigen. Ich war schon zweimal auf dem Baumkronenpfad und zu verschiedenen geführten Touren durch diese lost places hier und freue mich schon auf eine weitere Tour heute. Die Ruinen sind von außen schon interessant anzusehen, aber von innen sind sie erst richtig beeindruckend. Meine 88 jährige Mutter kommt mit auf den Baumkronenpfad und staunt nicht schlecht in 36 Metern Höhe. Wir gehen da umher, wo sonst nur die Vögel fliegen. Der Weitblick über das historische Heilstättenareal mit seinen Kieferwäldern ist spektakulär. Ebenso der Blick von oben auf die Weltkriegsruine Alpenhaus. Während unserer Führung durchs Alpenhaus nimmt meine Mutter im Esszimmer am Aussichtsturm Platz und wartet bei Kaffee und Kuchen.

Die Führung ist sehr spannend, wir erfahren viel über die ehemalige Nutzung und den Verfall des Alpenhauses und es ergeben sich lauter skurrile Fotomotive. Ein echter lost place mit morbidem Charme, der hoffentlich nicht eines Tages renoviert wird.

Anschließend fahren wir weiter nach Hohen-Neuendorf. Da Volker und meine Schwägerin Heidi heute Abend zu einen Konzert außer Haus sind, machen wir drei uns zum Abendessen auf zur Havelbaude, die ganz in der Nähe an einem Bootsanleger liegt. Wir treffen uns anschließend alle zu Hause.

02.03.24: Tanz auf der Drehscheibe

Meine Nichte Lea kommt aus ihrer Berliner Wohnung zum Frühstück angereist und wir freuen uns, mal wieder zusammen zu sein. Anschließend teilen wir uns ein bisschen auf. Heidi, meine Mutter und Volker bleiben in Hohen-Neuendorf und kommen erst später nach Berlin. Klaus und ich fahren schon mal vor und gehen in die Gedächtniskirche, weil Klaus da noch nie drin war. Unglaublich. Wir waren schon zig mal in Berlin und sind oft auch an der Gedächtniskirche vorbeigelaufen. Heute sehen wir uns den schönen blauen lichtdurchfluteten Kirchensaal von innen an. Das wurde ja mal Zeit.

Gegenüber in einer Seitenstrasse des Ku’damms statten wir, wie immer, Falafel Salam einen Besuch ab. Dieser kleine Falafel-Laden ist eine Institution in Berlin. Seit 1979 existiert hier der älteste Falafelladen Berlins, ein kleiner Familienbetrieb des Syrers Abu Ibrahim, der mittlerweile von seinem Sohn weitergeführt wird. Die Öffnungszeiten werden mit Montag – Sonntag: 11:00 bis keiner mehr kommt angegeben. Ich liebe diesen kleinen Laden und die herrlichen Falafel. Es gibt keinen Berlinbesuch ohne mindestens eine Falafel bei Salam gegessen zu haben. Natürlich gibt es viel mehr Gerichte auf der Speisekarte, aber ich esse immer eine Falafel!

Dann gehen wir ins berühmte KaDeWe, dem Kaufhaus des Westens, einem Luxuskaufhaus im neoklassizistischem Stil, das 1907 eröffnet wurde. Nach dem Londoner Harrods ist es das zweitgrößte Warenhaus Europas mit der weltweit zweitgrößten Lebensmittelabteilung eines Warenhauses (nach dem Mitsukoshi Nihonbashi in Tokio). Leider ist das KaDeWe seit Januar zahlungsunfähig, daher wollen wir noch einmal reingehen. Wir finden, dass es in einer Liga mit Harrods oder Macys spielen könnte, sowohl vom Angebot als auch vom Interieur. Und es ist rappelvoll. Im Internet lese ich, dass für das Jahr 2023 ein Rekordumsatz gemeldet wurde, aber die Mieten exorbitant wuchsen, wodurch die Insolvenz unvermeidbar war. Hoffentlich kann das wunderbare Traditionshaus weitergeführt werden.

Näxte Station, die wir mit der U-Bahn erreichen, ist der Alexanderplatz. Von da aus gehe ich am Berliner Dom vorbei zum Kunstmarkt am Zeughaus. Da gibt es viele schöne Dinge anzusehen. Der Mann sieht sich lieber das Humboldtforum an, daher treffen wir uns erst später zusammen mit den anderen am Hebbels am Ufer wieder. Das Hebbels am Ufer ist ein altes Theater der Berliner Freien Szene für die Freien Darstellenden Künste Deutschlands. Wir besuchen heute Abend eine Vorstellung, bei der unser Sohn Max als Veranstaltungstechniker die technische Leitung innehat und eine besondere drehbare Scheibe mit einem Durchmesser von 10,5 Metern konzipiert hat, die durch vier Motoren angetrieben wird. Auf der Scheibe findet die eigentliche Tanzperformance statt. Auch wenn diese Art von Kunst nicht unbedingt meinen Geschmack trifft, erkenne ich die herausragende Leistung der Darsteller an. Sich zu fünft auf der Scheibe zu bewegen und dazu mit ausdrucksstarker Stimme zu singen, ist wirklich bemerkenswert.

Der eigentliche Grund des Besuchs ist aber natürlich Max in seinem Element als technischer Leiter zu sehen. Er beobachtet im Hintergrund die Drehscheibe und hat sie im Vorfeld so programmiert, dass sie sich passend zum Gesang und zur Performance in der richtigen Geschwindigkeit dreht. Nach dem Tanztheater erklärt er uns direkt an der Bühne die Technik und die Konstruktion und Anfertigung der riesigen Scheibe. Spannend.

Danach laufen wir zu einem Vietnamesischen Restaurant in der Nähe und Max erzählt uns von seinen näxten Projekten. Es ist wirklich schön, mal wieder mit der Familie zusammen zu sitzen, denn durch die Entfernung sehen wir uns leider recht selten. Heute lassen wir es uns aber erst einmal schmecken und haben einen lustigen Abend zusammen.

03.03.24: Zu Frida Kahlo nach Mexiko

Heidi und ich fahren heute alleine nach Berlin in die Frida Kahlo Ausstellung, weil sonst niemand mitkommen möchte. Wir lassen die Kunstbanausen zu Hause und freuen uns auf die Ausstellung. Drinnen sieht es so aus, als wären wir mitten in Mexiko. Es gibt Videoinstallationen mit ihren berühmten Gemälden und VR-Brillen, die uns in Fridas Bett hoch oben über die Dächer von Mexiko City fliegen lassen. Ich habe das Gefühl, aufpassen zu müssen, dass ich nicht aus dem Bett falle. Eine tolle Ausstellung, die Fahrt nach Berlin hat sich gelohnt. Anschließend treffen wir uns mit Doreen, einer Freundin von Heidi, in einem Café und empfehlen ihr die tolle Frida Kahlo-Ausstellung.

Dann geht es zurück nach Hause. Heute Abend gehen wir alle zusammen in die Himmelspagode, einem chinesischen Restaurant in Hohen-Neuendorf. Sie ist riesig und sieht genauso beeindruckend aus wie die Himmelspagode in Beijing, die ich klasse finde und die ich mit meinen Schülern bei jedem Schüleraustausch besuchen konnte. Lea reist extra aus Steglitz an und ist auch dabei.

Fazit

Endlich sind wir mal wieder in Hohen-Neuendorf und Berlin gewesen! Leider ist es doch immer eine ziemlich weite Anreise, weswegen wir uns als Familie nicht so häufig sehen. Aber es ist immer schön, wenn es soweit ist. Wir kommen wieder!