05.10.23: Kutaisi: Bei Gotcha und Dali im Guesthouse Medea

Wir treffen uns schon mittags am Bahnhof in Dortmund, um mit dem Zug nach Köln zu fahren. Unser Flug ab Dortmund wurde nämlich nach Köln/Bonn verlegt. Na gut, dann fliegen wir eben von dort nach Kutaisi. Ich habe ein Guesthouse mitten im Stadtkern gebucht und der nette Vermieter Gotcha holt uns mit seinem Auto mitten in der Nacht ab. Planmäßige Ankunftszeit: 01:30 Uhr, tatsächliche Ankunftszeit: 02:40 Uhr. Dann noch zur Grenzkontrolle und auf die Koffer gewartet und um 03:20 Uhr sitzen wir in einem kleinen Toyota Rechtslenker aus Japan und fahren im Regen durch die Nacht. 

Um 04:00 Uhr sind wir dann endlich in der Unterkunft und bekommen erst einmal einen georgischen Vodka und iFun (eine georgische Fanta) serviert. Gotcha spricht etwas Englisch und ein paar Brocken Deutsch, das er in der Schule gelernt hat. Seine Tochter Anna war für drei Monate in Erlangen für einen Ferienjob. Wir bekommen ein sehr schönes Zimmer und fallen erst einmal totmüde ins Bett.

Am näxten Morgen bekommen wir ein typisches georgisches Frühstück serviert. Toast mit Käse, Teigtaschen mit Käse, Eier mit selbstgemachter Marmelade und enem speziellen Gewürz, Joghurt mit Feigen und – ganz wichtig – einem Vodka vorab.  Gotcha erklärt uns, dass der Vodka ganz wichtig für unsere Gesundheit ist „Bacteria kaputt!“ ist sein Motto, das wir als Gäste natürlich strikt befolgen. Das Frühstück ist sehr lecker und Gotcha frühstückt mit uns. Seine Frau macht inzwischen die Wäsche und staubsaugt. Sie frühstückt erst später alleine. Bei uns streitet man sich derweil um das Gendersternchen…

Dann laufen wir zu Fuß in Richtung Basar los. Es regnet ordentlich, aber der Basar ist zum Glück ûberdacht. Der Geldautomat in der Nähe spuckt georgische Geldscheine aus und wir bummeln auf dem Basar umher. Dort bekommt man lauter Dinge für das tägliche Leben und ich kaufe erst einmal ein Tuch im Stil einer georgischen Flagge. Einen traditionellen Hut finde ich hier leider nicht. Auf dem angegliederten Markt gibt es Gemüse, Obst und Fleisch. Die orangefarbenen Hühnerbeine leuchten schon von weitem und der Schweinekopf lächelt mich an. Ich gehe zum Schweinekopf und sehe auch die Pfoten und den Magen nebenan ordentlich aufdrapiert liegen. Vielleicht sehen wir das Tierchen heute Abend irgendwo auf unseren Tellern wieder. Wer weiß?! An den Ständen hängen auch viele bunte Stangen, die mich interessieren. Werner sagt, dass es Kerzen für die Orthodoxen sind, daher lassen wir sie hängen.

Wir laufen weiter durch die Stadt bis zur Seilbahnstation und fahren mit der alten Gondel den Berg rauf bis in den Gabashvil-Park. Es regnet ganz ordentlich, so dass der Ausblick von oben eher trübe ist. Auf dem Weg zur Bagrati-Kathedrale, die auch Maria Entschlafen heißt, gehen wir durch eine ausgestorbene Siedlung. Viele Häuser sind unbewohnt, aber es fahren viele Autos durch die Straßen und die fahren dann auch recht schnell. Man muss auf sich aufpassen. Mir gefallen die alten, bunten Eisentore vor den Häusern sehr gut. Die Kathedrale ist von außen sehr schön und ein Highlight von Kutaisi, es ist eine georgisch-orthodoxe Kathedrale, in deren Innerem viele Ikonen hängen und stehen, die meistens Maria mit oder ohne Jesuskind zeigen.

Nebenan ist ein schönes Restaurant, mit einer überdachten Außenterrasse. Da können wir den näxten Regenguss bei einem georgischen Wein gut überstehen. Seit mein Bruder mir einmal georgischen Wein geschenkt hat, bin ich ein Fan davon geworden. Er ist sehr mild und dabei aber nicht süß und schmeckt mir von allen Weinen am besten. Das wird auch hier wieder bestätigt. Im Tourishop gegenüber bekomme ich einen schönen traditionellen Hut aus Swanetien, unserem näxten Ziel in Georgien.

Dann gehen wir bergab zurück in die Neustadt und sehen uns das Theater, eine weitere orthodoxe Kirche und den Kolchis-Brunnen an. Auf der Suche nach einem Restaurant landen wir in einer Weinstube und probieren weitere Weine aus Georgien. Das anschließende Essen im Restaurant ist nicht teuer und sehr gut. Zurück im Guesthouse bei Gotcha müssen wir noch gegen die Bakterien kämpfen und unterhalten uns mit seiner Tochter Anna. 

Am näxten Tag fahren wir nach dem Frühstück mit Gotcha los, um einige Sehenswürdigkeiten um Kutaisi herum zu besichtigen. Zuerst geht es mit dem Auto zum Kloster Motsameta, das sich in den Imereti-Bergen befindet. Auf dem Fußweg zum Kloster kommen wir an einem interessanten Friedhof vorbei, der zum einen sehr verlassen wirkt, zum anderen aber Grabsteine hat, auf denen fotorealistische Gravuren der Verstorbenen zu sehen sind. Am Kloster begegnen uns zuerst drei Kühe, die hier auf Futtersuche sind. Das Kloster selbst erscheint uns sehr klein, aber es ist trotzdem eine Besichtigung wert. Dann geht es zur berühmten Prometheus Cave, einer Tropfsteinhöhle, vor denen sich unsere kleinen Höhlen im Sauerland verstecken können. Sie ist elf Kilometer lang, von denen knapp zwei Kilometer zugänglich sind. Auf der Straße stehen oder laufen immer wieder diverse Tiere wie Kühe, Schweine, Schafe, Hühner oder Ziegen umher, die entweder auf Futtersuche sind oder sehr gelangweilt aussehen.  Die Autos fahren einfach um sie herum, also nichts Ungewöhnliches.

Bevor wir auf zwanzig Meter unter dem Meeresspiegel heruntergehen und zweiundzwanzig Höhlen besichtigen, kauft Werner auf dem Parkplatz einen Becher frischgepressten Granatapfelsaft an einer kleinen Bude. Leider vergisst er vorher nach dem Preis zu fragen und als die gute Frau drei Granatäpfel durch die Presse gejagt hat, möchte sie „Forty Lari“ haben. Ich übersetze es für Werner und sage „Vier Lari“, weil ich vierzig Lari (ca. 13 Euro) für völlig absurd halte. Werner gibt ihr daraufhin einen Fünf-Lari-Schein, in Erwartung des Rückgeldes von einem Lari. Dann reduziert sie den Preis auf dreißig Lari was „nur“ zehn Euro entspricht. Werner staunt und bezahlt stillschweigend, schimpft dann aber auf dem Weg zur Höhle: „Das ist der teuerste Saft, den ich je in meinem Leben gekauft habe.“ Zumindest schmeckt er wohl ganz lecker! :))

Anschließend fahren wir zu einem der zahlreichen lost places, die es in Georgien gibt. Nach dem Zerfall der Sowjetunion haben viele Menschen das Land verlassen und viele Gebäude stehen seitdem verwahrlost in der Gegend herum. Gotchas Meinung dazu ist eindeutig: „Stalin Terroristi!“ und „Kommunisti Banditi!“. Das ehemalige Sanatorium Medea aus Sowjetzeiten liegt in einem Wald und man kann einfach so reinlaufen. Keine Absperrung schützt uns vor den Gefahren nicht vorhandener Geländer, Türen oder Löcher im Boden. Gotcha führt uns durch die längst verlassenen Räumlichkeiten und erzählt uns von den Mineralquellen, die hier früher zur Heilung von Krankheiten genutzt wurden. Dann geht es in das ehemalige Sanatorium Spring Nummer 6, dass nun in privater Hand ist und wieder als solches genutzt wird. Es ist wunderbar renoviert und wir dürfen uns sogar im Bäderbereich umsehen. Draußen in unmittelbarer Nähe gibt es dann wieder einen verlassenen Teil eines Sanatoriumsbades im Wald. Dort sieht es so aus, als ob wir uns in einem alten UFO befinden.

Gotcha fährt uns als näxtes zu einer kleinen Hängebrücke, die zwar kurz, aber trotzdem sehr abenteuerlich ist. Die Bretter, die auf dem Boden ausgelegt sind, erwecken nicht gerade den Anschein, als seien sie stabil. Manche sind locker oder es fehlen Teile der Planken und es wackelt ordentlich. Wir überstehen natürlich dieses kleine Abenteuer, weil wir nicht glauben, dass diese Brücke ausgerechnet heute zusammenbricht. Weiter geht es zum Okatse Canyon. Auf dem Besucherparkplatz müssen wir in einen 4 Wheel-Drive Wagen umsteigen, der uns zum Beginn eines Steges entlang der Schlucht bringt. Der Weg ist eigentlich unbefahrbar, da er aus Geröll, Gestein, Schlaglöchern mit und ohne Wasser besteht und sehr steil ist. Unser Fahrer ist den Weg schon oft gefahren, das merkt man. Am Wagen vor uns sieht man, wie tief einige Wasserlöcher sind und wie die Federn der Stoßdämpfer links oder rechts heftig einknicken. 

Unser Fahrer bringt uns sicher bis zu unserem Trail und dann beginnt dort das näxte Abenteuer zu Fuß. Wir laufen auf einem eineinhalb Kilometer langen Steg am Rande einer tiefen Schlucht entlang. Zum Teil besteht der Boden nur aus Gittern, durch die man hindurchsehen kann. Nichts für Höhenkranke, aber das sind wir zum Glück nicht. Wir finden den Weg klasse, nur das Wetter lässt stark zu wünschen übrig. Es regnet heftig und es wird immer heftiger. Dann hören wir hinter uns eine Stimme: „Herr Friese und Frau Rux, was machen Sie denn hier?“ Unglaublich, mitten in einer Schlucht in Georgien treffen wir auf Schüler unserer Schule. Die beiden machen mit ihrer Mutter Urlaub in Georgien, weil ihr Opa von hier stammt. Das ist doch mal ein Foto wert, das die Mutter von uns macht. Dann laufen wir weiter bis zum Ende des Trails und anschließend zurück zum Auto. Nun geht es denselben Geröllberg wieder zurück bis wir wieder bei Gotcha sind. 

Gotcha bringt uns dann zurück nach Kutaisi. Wir setzen uns in das Restaurant direkt gegenüber unserer Unterkunft und bestellen typisch georgisches Essen. Lecker! Zurück zu Hause treffen wir auf Medea, die andere Tochter von Gotcha und Dali, die ebenso gut Deutsch spricht wie ihre Schwester. Sie war schon drei Mal für einige Monate in Erlangen. Wir bekommen natürlich erst einmal etwas gegen die Bakterien. Ich zeige Medea einige meiner Fotos, unter anderem auch eines von den schönen bunten Kerzen in der Markthalle. Plötzlich muss sie lachen, weil die „Kerzen für die Othodoxen“ tatsächlich Zuckerstangen mit Trauben sind und sehr lecker schmecken. Dann gibt sie uns noch jede Menge Tipps für unsere Weiterreise, auf die wir uns nun freuen. Wir sind aber auch traurig, dass wir unsere neuen georgischen Freunde aus dem Guesthouse Medea morgen wieder verlassen. Der Start unserer Reise in ein uns ganz unbekanntes Land hätte nicht besser nicht sein können, mal abgesehen vom Regen, der aber nicht viel ausmacht. Wir kommen gerne wieder und würden nicht woanders wohnen wollen!

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06.10.23: Mit einem Dacia Duster nach Mestia in den Kaukasus

Bevor Gotcha uns am Flughafen absetzt, halten wir am Parlamentsgebäude. Zumindest war es mal als solches geplant, aber dann hat sich die georgische Regierung doch entschieden in Tiflis zu bleiben und nun steht es ungenutzt herum. Am Flughafen verabschieden wir uns von Gotcha und nehmen unser vorbestelltes Auto, einen Dacia Duster, in Empfang. Es dauert über eine halbe Stunde, bis der gute Mann alle Formulare beisammen hat und uns das Auto endlich aushändigt. Der Wagen sieht von außen ganz OK aus, von innen ist er total schmuddelig und permanent blinkt die Werkstattleuchte auf. Der Mann von Enterprise versichert uns, dass alle Inspektionen vorgenommen wurden und die Anzeige zu ignorieren sei, da das ein altbekanntes Dacia-Problem sei und keine Bedeutung hat. Na gut, ich habe alle möglichen Versicherungen abgeschlossen und hoffe einfach, dass das Auto fährt. Werner setzt sich ans Steuer und ich navigiere mit meiner iPhone-App, die uns zuerst zum Enguri-Damm führt. Dieser Staudamm ist Europas zweithöchstes Wasserkraftwerk, wenn man Georgien zu Europa zählt. Wir dürfen nur außen herumlaufen und sehen uns den Damm von oben an.

Dann geht es weiter nach Mestia. Wir müssen einhundert Kilometer in Serpentinen fahren, um dorthin zu gelangen. Werner fährt die ganze Strecke und ich sage ihm ab und zu, wohin es geht. Die Fahrbahn ist seit kurzem zum größten Teil in einen befahrbaren Zustand gebracht worden, aber einhundert Kilometer am Kaukasus  entlang ziehen sich ganz schön lang hin, zumal zwischendurch immer wieder Kühe auf der Fahrbahn grasen, Hunde gelangweilt dort herumliegen oder Schweine am Straßenrand nach Futter wühlen. Die Tunnel sind stockduster, leider auch das Licht unseres Duster, so dass wir in den Tunneln fast nichts sehen können. Wir sind froh, dass wir in den Tunneln nicht auf Kühe oder ähnliches Getier treffen. 

In Mestia habe ich das Old Guesthouse gebucht, das eine schöne Lage oben am Hang hat. Mit dem Auto dort hin zu gelangen ist allerdings sehr abenteuerlich. Es geht über Kopfsteinpflaster so steil bergauf, dass ich mich vom Beifahrersitz erhebe und mich am Armaturenbrett festhalte. Werner fährt den Wagen souverän bergauf, nur manchmal haben wir das Gefühl, dass unser Auto gleich hinten rüberfällt wie ein zu langsames Matchboxauto im Looping. Werner schafft es ohne Schwierigkeiten bis auf den Parkplatz und wir sind froh endlich angekommen zu sein.

Nach dem Checkin bekommen wir ein sehr schönes Zimmer mit Balkon und Ausblick über die Berge und direkt am zugehörigen Wehrturm. In Mestia haben viele Häuser noch die alten Wehrtürme, die die Swanen erfolgreich vor Angriffen anderer Völker schützten. Swanetien wurde niemals – nicht einmal von den Mongolischen Horden – eingenommen und blieb stets unabhängig. Jede Familie hatte einen eigenen Wehrturm, was nötig war. Denn es kam nicht nur zu Angriffen durch feindliche Völker, sondern auch öfter zu länger anhaltenden Konflikten innerhalb des Dorfes.

Wir gehen hinunter ins Dorf und suchen eine geeignete Position, um ein Foto mit vielen Wehrtürmen zu schießen. Die Hauptstraße liegt allerdings so tief, dass wir erst einmal gar keinen Wehrturm sehen können, da die Häuser sie verdecken. Ich kaufe daher eine Postkarte, auf der viele Wehrtürme erkennbar sind. Nun fehlt mir nur noch die genaue Position für dieses Postkartenfoto. Ich spreche einen Polizisten an, der mir versichert, dass sich die Stelle nur ein paar hundert Meter weiter die Straße entlang befindet. Wir gehen dort hin, aber ich kann keinen Wehrturm sehen, weil ich zu tief stehe. Leider gibt es da keine höhere Position auf der Straße. Ich entdecke einen Bauarbeiter, der auf einer Terrasse im zweiten Stock eines Neubaus pausiert und genau dort oben ist bestimmt ein super Ausblick auf die Wehrtürme. 

Ich zeige ihm von unten meinen Fotoapparat und frage, ob ich für ein Foto hochkommen darf. Er versteht mich nicht richtig und winkt ab. Ich versuche pantomimisch ihm zu erklären, dass ich nur kurz für ein Foto raufkommen möchte, um die Wehrtürme aufzunehmen. Nach einigen weiteren Fuchteleien mit Fotoapparat und Postkarte, winkt er uns zu sich nach oben. Wir gehen auf die Baustelle und über noch geländerlose Treppen hinauf in den zweiten Stock auf besagte Terrasse. Dort steht der nette Mann und lässt uns Fotos mit Wehrtürmen und den Bergen im Hintergrund schießen. Wir bedanken uns herzlich und freuen uns über die schönen Aufnahmen.

Zum Abendessen gehen wir in eines der schönen Restaurants in diesem Ort und probieren wieder georgische Spezialitäten, diesmal leckere Hühnchenstücke in einer Milchlake. Danach setzen wir uns noch auf die Terrasse unserer Unterkunft.

07.10.23: Ushguli: Die höchstgelegene permanent bewohnte Siedlung Europas

Am näxten Tag begeben wir uns auf eine Tagestour nach Ushguli, der höchstgelegenen permanent bewohnten Siedlung Europas, die 2100 Meter über dem Meeresspiegel in Oberswanetien liegt. Sie gehört zum UNESCO Welterbe und besteht aus fünf kleinen Dörfern, die nur über zwei Straßen mit der Außenwelt verbunden sind. Nur in den Sommermonaten von Ende März bis Anfang Oktober ist die Straße von Mestia nach Ushguli befahrbar, in der anderen Jahreshälfte ist das Dorf komplett isoliert, weil es dann meistens völlig in Schnee gehüllt ist. Dadurch war es früher für Feinde kaum erreichbar. Außerdem hatte jedes Haus auch einen Wehrturm. Heute gibt es dort auch viele Häuser ohne Wehrtürme, die für die Touristen oft als Herbergen und Restaurants dienen. Dadurch verliert der Ort mehr und mehr seinen ursprünglichen Charakter. Der Name Ushguli setzt sich aus den beiden Wörtern “ushishari guli“ zusammen, was „furchtloses Herz“ bedeutet. Heute leben nur noch sechsundsechzig Familien in Ushguli, die im Winter dort bleiben. 

Es geht es mit einem 4-Wheel-Drive Mitsubishi Delica mit Dao über eine Straße mit vielen Serpentinen und Schlaglöchern über vierig Kilometer noch weiter hoch ins Gebirge. Der Dacia darf pausieren, denn der Weg ist mit einem normalen Auto nicht machbar und außerdem ist es auch laut Mietvertrag nicht erlaubt. 

An schönen Fotospots hält Dao an und wir können sogar in den berühmten Lovetower hineinklettern.  Der Sage nach wurde er gebaut, weil dort eine Art Romeo-und-Julia-Romanze stattfand, bei die Tränen der Ehefrau dem verstorbenen Ehemann im Fluss gefolgt sind. Die letzten fünf Kilometer führen an einem Berg entlang, wo es so aussieht, als wären wir in einem Steinbruch. Überall liegen Felsbrocken herum und Dao muss sie geschickt umfahren. Ich sitze hinten im Auto und an meiner Seite geht es an einem Fluss entlang, der sich tief unten befindet. Es gibt enge Stellen, an denen die Straße durch Regenfall weggebrochen ist. Dann kann ich den Fluss am besten sehen und hoffe natürlich, dass er mir nicht näher kommt. Dao fährt souverän und macht eine angenehme Chillmusik im Wagen an.

Angekommen in Ushguli sehen wir die vielen Wehrtürme schon von Weitem. Im Hintergrund befindet sich der 5200 Meter hohe Berg Schchara, der zweithöchste Gipfel des Großen Kaukasus und der höchste Berg Georgiens, der das ganze Jahr über schneebdeckt ist. 

Leider ist der Gipfel In eine Wolke gehüllt, die einfach nicht weiterziehen möchte. Wir gehen in die Kirche, die oben auf einer Anhöhe liegt. Ich muss mich in ein Hexenkostüm zwingen, weil Frauen hier in einer Kirche Röcke und Kopftücher tragen müssen, sonst müssen sie draußen bleiben. Mein schöner swanetischer Hut zählt nicht als Kopfbedeckung, da es ein Männerhut ist. Ich ergebe mich meinem Schicksal, weil ich Gast in diesem Land bin und bekomme einen roten Rock und ein passendes Kopftuch übergestülpt. Dafür darf ich nun in diese Minikirche, in der gerade ein Gottesdienst durchgeführt wird. Auf dem Friedhof draußen gibt es eiingezäunte Gräber mit kleinen Wehrtürmen.

Wir spazieren anschließend in Ushguli umher und sehen viele Herbergen für Wanderer und sonstige Besucher, man kann sogar Pferde ausleihen. Da es spät im Jahr ist, kommen nicht mehr so viele Leute und es ist ein wenig tot im Ort. Wir machen eine Pause in einem Café und ich teste das WiFi. Tatsächlich ist es hier oben im Nirgendwo sehr schnell. Unglaublich! Endlich kann ich meine Fotos für den Blog hochladen und die Webseite aktualisieren. 

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08.10.2023: Batumi: Kirmes am schwarzen Meer

Nach dem Frühstück geht es los und ich fahre mit dem Dacia die einhundert Kilometer durch die Serpentinen bis nach Sugdidi. Sugdidi ist ein kleiner Ort, an dem wir nur kurz für eine Klopause halten und über den Markt gehen. In der Markthalle gibt es ein Klo mit einer Schranke davor. Eine Frau zeigt „30“! Oh je, auf keinen Fall wollen so viel bezahlen wie für Werners Granatapfelsaft. Wir winken ab und gehen raus. Draußen kommen wir erst auf den Gedanken, dass es sich dabei nur um die kleinere Einheit der Währung gehandelt haben kann. Statt umgerechnet 10 Euro vermutlich nur 1 Euro oder 10 Cent. Das Granatapfeltrauma wirkt offenbar noch. Wir finden eine schöne Bar mit einem Klo, das kostenfrei ist. Umso besser! Für die Weiterfahrt kaufe ich auf dem Markt vier Bananen für vier Lari. Das macht ungefähr dreißig Cent pro Banane und hört sich ganz korrekt an. Dafür werden die Bananen aber auch nicht frisch gepresst.

Weiter geht es nach Batumi. Schon von weitem sehen wir die Skyline mit dem Alphabetic Tower, der einhundertdreißig Meter hoch ist und die Einzigartigkeit zwischen dem Georgischen Alphabeth und den Menschen symbolisieren soll. Gleich daneben steht das Moving-Lovers-Monument, bei dem sich ein stählernes Liebespaar dreht, bis es so aussieht, als würden sich die beiden küssen. Wir checken im Orbi Tower Hotel ein und laufen erst einmal auf der Strandpromenade bis zu den beiden Liebenden Ali und Nino. Da sie sich gerade nicht ansehen, fahren wir auf ein Getränk auf den Alphabetic Tower und sehen dort aufs schwarze Meer. Wieder unten kommen sich Ali und Nino dann endlich näher.

Am ganzen langen Strand gibt es keinen einzigen Sandkorn, nur groben Kies. Die Hotels sind zum Teil sehr modern und stylisch. Trotzdem wirkt es wie gewollt aber nicht gekonnt. Für mich sieht es so aus wie eine Kombination aus Dubai und Miami Beach, nur mit einem leeren Steinstrand. Die Casinos wirken ebenso abschreckend. Es passt alles nicht richtig zusammen und auch nicht zu Georgien, wie wir es bisher erlebt haben. 

Wir laufen in die Altstadt und finden es auch hier sehr bunt. Aber wir finden auch ein schönes Restaurant mit georgischen und günstigen Gerichten. Danach gehen wir zurück ins Hotel und sind froh, dass wir nur eine Nacht bleiben und morgen weiter fahren. 

09.10.23: Abenteuerfahrt durch den Kleinen Kaukasus

Wir fahren ohne Frühstück los, weil die Fahrt zum Kloster Wardsia durch den Kleinen Kaukasus führt und sechseinhalb Stunden dauern soll. Da das Kloster Montags geschlossen ist, wollen wir es noch heute ansehen und dann in unsere Unterkunft in Klosternähe fahren. Google Maps zeigt uns lauter Serpentinen auf zweihundertsiebzig Kilometern, aber das kennen wir ja schon.

Nach rund einhundert Kilometern geht es heftig bergauf und plötzlich hört die asphaltierte Straße auf. Es folgt eine steinige Buckelpiste mit kleinen und großen Schlaglöchern. Werner fährt mal links, mal rechts an den Schlaglöchern vorbei. Wird ja wohl nicht ewig so weitergehen, denken wir. Nein, geht es nicht. Es wird immer schlimmer. Nun folgen Bäche, die aus dem Berg heraus den Weg matschig machen und kleine und große Pfützen bilden.

Es nützt nichts, wir müssen da durch. Nach etwa drei Kilometern sehen wir einen Mann auf dem Weg und fragen ihn, wie lang diese schlechte Wegstrecke noch ist. Er kann nur georgisch und russisch, schätzt nach einigen Erklärungsversuchen auf zwanzig Kilometer. Wir sind baff! Zwanzig Kilometer über einen solchen Weg? Wir fahren weiter und ich versuche mit dem Navi abzuschätzen, ob das stimmen kann, finde aber nichts heraus. Internetempfang habe ich hier oben nicht, das hilft uns also auch nicht weiter. Wir fragen nach drei weiteren Horrorkilometern einen anderen Mann, der auf sechszehn Kilometer schätzt. Es könnte also passen, wir müssen offenbar nur diese sechzehn Kilometer mit dem Dacia überstehen, dann wird die Straße wieder normal.

Wir kämpfen uns weiter den Berg hoch. Werner fährt, ich übernehme die Foto-Dokumentation und achte zusätzlich auf Schlammlöcher, Steine und tiefe Furchen. Der Wagen rumpelt und pumpelt unaufhörlich von links nach rechts und umgekehrt. Wir müssen durch Baustellenbereiche mit und ohne Arbeiter, mit und ohne Bagger, Lastwagen und sonstiges schweres Gerät fahren. Fotos sind nur in gemäßigterem Gebiet möglich, weil der Dacia sonst viel zu sehr wackelt und wir uns beide auf die Fahrbahn konzentrieren müssen. Oben auf dem Berg landen wir in einem neu angelegten Skigebiet. Es werden gerade sehr schöne Hütten, Hotels und Herbergen gebaut, zum Teil sind sie bereits fertig. Eine Seilbahn ist auch schon fertiggestellt. Was man von dieser Straße leider nicht behaupten kann. Es wird immer heftiger, denn die Löcher und Furchen werden tiefer. Zum Teil gucken Steine heraus und man muss zwischen Pest und Cholera wählen, ob man links oder rechts oder einfach drüber fährt.

Ich sitze wie ein Pirat im Krähennest und gebe Werner gute Tipps. Die benötiget er zwar nicht, weil er es selbst gut sieht, aber da ja bekanntlich vier Augen mehr sehen als zwei, muss er ab und an meine guten Ratschläge ertragen. Der Dacia fährt tatsächlich super und trotz immer noch leuchtender Werkstattlampe lässt er uns auch hier oben nicht im Stich. Und immer wenn wir glauben, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, kommt ein Pistenstück, das noch krasser ist als das zuvor. Das einzige, was jetzt noch schlimmer sein könnte, wäre ein riesiges Loch, in dem wir komplett versinken oder eine Sperrung. Nichts dergleichen passiert, wir überstehen die gruselige Strecke nach Stunden ohne Platten oder einen Stoßdämpferbruch. Nun müssen wir nur noch rund einhundert Kilometer bis zum Kloster über – zumindest zum größten Teil – asphaltierte Straßen fahren.

Um halb drei haben wir es ohne Frühstück und mit vier Pinkelpausen geschafft. Puhhh! Das Kloster Wardsia ist ein Höhlenkomplex, der über 2000 Jahre alt ist und von 800 Mönchen verwaltet wurde. Sie haben Lebensmittelvorräte für bis zu 50.000 Menschen angelegt, die hier ausharrten, wenn sich feindliche Heere näherten und die umliegenden Dörfer mit Plünderung oder Brandstiftung bedrohten. Es gab dort sogar Weinkeller, Apotheken und eine Kirche. Die 2000 Säle und Kammern sind über kilometerlange Querstollen miteinander verbunden. Wir sehen das Kloster zuerst von Weitem im Berg liegen. Das ist schon mal sehr beeindruckend und einzigartig, so etwas haben wir noch nie gesehen. Die abenteuerliche Fahrt über den Kleinen Kaukasus hat sich zum Glück gelohnt. 

Dann fahren wir zum Eingang und laufen den Berg hinauf. Viele Kammern, Säle und Stollen dürfen wir besuchen und uns am Berg entlang bewegen. Anschließend fahren wir in unsere Unterkunft, die nur drei Kilometer vom Kloster entfernt liegt. Wir werden herzlich von Tina und Tomas begrüßt, die nur georgisch und russisch sprechen. Werner kramt wieder sein Russisch hervor und damit klappt die Kommunikation ganz gut. Wir unterhalten uns beim Abendessen, das aus Hähnchenstücken, Kartoffeln, Ketchup und verschiedenen Salaten sowie Brot besteht. Alles ist selbstgemacht und sehr lecker, die Zutaten stammen aus dem eigenen Garten. Dazu gibt es selbstgemachten Wein aus eigenem Anbau. Außerdem haben die beiden dreißig Bienenvölker, die Honig für sie sammeln. 

Unser Zimmer ist sehr einfach, zwei Betten, zwei Stühle und ein Bad. Mehr brauchen wir für eine Nacht ja auch nicht. Leider ist das Wasser kalt und die Heizung geht auch nicht. Der Wetterbericht sagt fünf Grad für die Nacht voraus. Ich friere jetzt schon. Ich frage nach warmem Wasser und nach der Heizung. „Kein Problem.“, ist die Antwort, aber am Ende bekommen wir nur lauwarmes Wasser im Bad. Für die Nacht sollen wir uns schön warm anziehen. Ich bin dankbar für diesen wertvollen Tipp. Wir schlafen mit Jogginghosen und Hoodies und ich ziehe auch noch meine Fleecejacke an. Natürlich überstehen wir diese kalte Nacht. Schon früh um acht frühstücken wir mit leckerem Honig. Wir dürfen im Esszimmer sitzen, eine Heizung gibt es hier gar nicht. Zumindest der Tee und der Kaffee sind heiß. Wir freuen uns auf das warme Auto und fahren weiter. Nun ahnen wir, warum zwei Söhne der beiden mit ihren Familien in Kalifornien leben. Es war sehr schön bei den beiden, wenn auch ein bisschen kalt.

11.10.23: Tblisi (Tiflis): In der Stadt der warmen Quellen

Von Wardsia aus fahren wir zuerst nach Gori. Dort gibt es ein Stalin-Museum, weil Josef Stalin, Diktator der Sowjetunion von 1927 bis 1953, in Gori geboren wurde. Sein Geburtshaus ist gleich nebenan, weil man den Stadtkern einfach zu seinem Geburtsshaus verlegt hat und dieses zum Schutz mit einer Art Tempel quasi überdacht hat. Das Museum wurde 1957 eröffnet und wirkt eher wie ein Palast, in dem einem König gehuldigt wird. Dass man auf diese Art einen Massenmörder glorifiziert, wirkt sehr befremdlich und absurd. Nirgendwo ist etwas über den blutigen  Terror zu sehen, den er befohlen hat. In keinster Weise wird den Millionen von Opfern gedacht. Im Laden um die Ecke gibt es sogar Stalin-Schnaps. Wir verlassen Gori schnell wieder und fahren weiter in die Hauptstadt Tblisi. 

Tblisi hat eineinhalb Millionen Einwohner und vereint moderne Architektur mit der Architektur aus Zeiten der Sowjetunion. Es gibt viele sehr stylische Restaurants und Weinbars und ebenso verlassene oder heruntergekommene Häuser aus Sowjetzeiten. Wir haben ein Apartment in der Fabrika gebucht, einer ehemaligen sowjetischen Textilfabrik, die in ein hippes Künsterviertel umgewandelt wurde. An den Betonwänden befinden sich stylische Industrieelementen aus vergangenen Sowjetzeiten. Der Tresen der Rezeption ist eine alte Industrienähmaschine. Der ehemalige Lastenfahrstuhl ist nun bunt und transportiert die Leute nach oben und unten. Er hat nur Außentüren und es kracht ordentlich, wenn die Fahrt losgeht. Es gibt eine große Chillarea und zum Abendessen können wir einfach in den Innenhof in eines der Restaurants gehen. Nachdem wir den wunderbaren Dacia in der Altstadt wieder abgegeben haben, gehen wir über die gläserne Friedensbrücke, die uns über den Kura zurück zu unserer Unterkunft bringt. Es geht vorbei am Präsidentenpalast und an einer futuristischen Veranstaltungshalle. 

Am näxten Morgen fahren wir erst einmal den Berg rauf zur mittelalterlichen Festung Nariqala. Mit der Seilbahn geht es schnell bergauf und von oben haben wir einen schönen Blick über Tblisi, wenn auch heute mit Regen. Dort oben steht auch Kartlis Deda, die „Mutter Georgiens“ mit einer Schale Wein für die Freunde und einem Schwert gegen die Feinde. Von da aus geht es runter in die Altstadt und dann an einer anderen Stelle wieder rauf mit einer Standseilbahn zum Pantheon. Dort oben liegen berühmte Persöhnlichkeiten wie Künstler und Poeten. Die Grabsteine sind außergewöhnlich gestaltet. Auch Stalins Mutter wurde hier beerdigt. Dann gehen wir weiter durch die Altstadt in den Meidan Basar und anschließend zurück in unsere Fabrika.

12.10.23: Kurzer Abstecher ins Nachbarland Armenien

Auf der Suche nach Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Tiflis sind wir auf eine Tagestour nach Armenien gestoßen und haben sie gebucht. Um neun Uhr morgens sitzen wir in einem Sprinter und fahren nach Nordarmenien. Tamara, die heute unser Guide ist, erzählt uns während der eineinhalbstündigen Fahrt zur Grenze viel über Armeniens Geschichte, die Sprache, die Landschaft und die Sehenswürdigkeiten, die wir heute besichtigen. 

Mit uns fahren Jens Peter und Dorthe aus Dänemark, Natalie und David aus Bayern, Sam aus Costa Rica und Brent aus Kanada. Es ist eine tolle Tour bei feinstem Wetter. Der Fahrer kennt sich hervorragend aus und fährt uns sicher bis zur Grenze. Dort müssen alle aussteigen und zur Grenzkontrolle der Ausreise. Der Kontrolleur macht ein schönes Foto und liest alle meine Vornamen vor. Dann gibt es den ersten Stempel im Pass und ich bin aus Georgien ausgereist. 

Ich warte auf die anderen und dann steigen wir alle wieder in den Sprinter, der zwischenzeitlich gescannt wurde. Nach 200 Metern folgt die gleiche Prozedur nochmals. Nach dem Stempeln bin ich zum ersten Mal in Armenien. Wie schön. Nachdem alle ihre Stempel bekommen haben, fahren wir bis zum näxten Rastplatz, an dem wir Geld in armenische Dram tauschen können. Dort finde ich auch meine neue Armenienkappe.

Es geht weiter ins Gebirge zum Akhtala-Kloster aus dem 12. Jahrhundert mit seinen bunten Fresken und anschließend ins Dorf Haghpat. Dort sehen wir uns gleichnamiges Kloster aus dem Mittelalter an, das zum UNESCO Welterbe gehört und ebenso schön in den Bergen liegt. Das Mittagessen bekommen wir in einem armenischen Haushalt. Wir treffen auf einen fantastisch gedeckten Tisch mit traditionellen armenischen Speisen. Alles schmeckt superlecker! Dazu gibt es einen Saft, der mich an Kaugummi erinnert und armenischen Wein. Wir unterhalten uns mit allen am Tisch und es macht viel Spaß mit dieser bunten Truppe zu essen. 

Anschließend fahren wir zum Kloster Udzu, sehen uns eine alte steinerne Brücke, die gegenüber einer alten Kupfermine liegt. Diese Kupfermine war bis 2017 noch in Betrieb. Unser letzter Stopp, vor der Grenze, führt uns bis zum Debed Canyon, der eine beeinduckende Aussicht bietet. Dort machen wir ein schönes Gruppenfoto. Wir sind alle froh, diesen Tag gemeinsam verbracht zu haben. Nach Rückkunft in Tblisi trinken wir im Büro des Veranstalters gemeinsam mit Tamara etwas Wein und tauschen unsere Kontakte aus. Wir freuen uns alle über diesen ereignisreichen und wunderbaren Tag.

13.10.23 Tblisi: Baden im Schwefelbecken

Wir haben einen der heißbegehrten Termine für ein Schwefelbad gebucht und laufen schon morgens zum Bäderviertel Abanotubani. Dort gibt es viele unterirdische Quellen mit heißem, schwefeligem und kohlensäurehaltigem Mineralwasser, die seit über siebenhundert Jahren genutzt werden. Das Wasser soll gut sein gegen Osteoporose, neurologische Störungen, urologische Störungen und Hautkrankheiten. In einer privaten Badestube im Orbelianibad, das eine schöne persische Außenfassade besitzt, lassen uns von allem heilen. Wir dürfen dort eine Stunde im schwefeligen Mineralwasser herumdümpeln. Es ist wunderbar warm und der Gestank ist einigermaßen auszuhalten. Zwischendurch steigen wir für eine kalte Dusche aus dem Becken, denn das Wasser ist zwischen 37 und 47 Grad heiß.

Nach der Heilung gehen wir auf die andere Flussseite und laufen hoch auf den Elias-Hügel zur Sameba-Kathedrale. Sie wurde erst von 1996 bis 2004 gebaut und ist das größte Kirchengebäude in Transkaukasien. Es tront oben über Tblisi und jeder kann es mit seinem goldenen Dach schon von weitem sehen. Dann gehen wir zur näxten Metrostation. Metro fahren in Tblisi ist ein echtes Erlebnis. Schon die Rolltreppen sind ganz anders als bei uns. Sie sind sehr steil und lang und es geht rasend schnell in die Tiefe. Die Bahnsteige und die Wagen sind aus Sowjetzeiten und in der Bahn ist es tierisch laut und es quietscht. Wer noch keinen Tinnitus hat, der hat hier gute Chancen ein derartiges Ohrenleiden zu entwickeln.

Wir fahren bis zum Boris-Paidschadse-Nationalstadion, um unserem fußballschalbesessenen Kollegen Hagi einen Schal von Dinamo Tblisi zu besorgen. Der Plan geht auf, der Fanshop wartet schon auf Kunden. Vom Fußballstadion aus ist es nicht weit bis zum Dezerter Bazaar. Dort sehen wir uns Hühner in engen Käfigen, Fische in viel zu engen Becken und allerlei Obst, Gemüse und Gewürze an. Eine Taube nimmt derweil auf den Nüssen Platz, es kümmert niemanden.

Wir kriegen Hunger und steuern an der näxten Ecke eine georgische Bäckerei an. Da gibt es sauleckere Brote mit allen denkbaren Belägen, sowohl herzhaft als auch süß. Es gibt so viele unterschiedliche Teilchen, dass man sich kaum entscheiden kann. Meistens zeigt man einfach auf eines, das besonders lecker erscheint und lässt sich überraschen, denn oftmals fehlt eine englische Beschriftung. Am bekanntesten ist das Khachapuri, ein Brot mit verschiedenen Käsesorten und einem rohen Ei in der Mitte, dass langsam gart.

Das Essen ist in Georgien wirklich außergewöhnlich gut. Alles hat uns gut geschmeckt. Eine kleine Ausnahme war in Batumi eine Art Reibeplätzchen, das etwas trocken war, leicht nach Kuhfladen roch und noch nicht einmal von den Straßenhunden gefressen wurde. Ansonsten ist das Essen hier wirklich spitze!

Zum Schluss haben wir dann auch noch die schönen bunten „orthodoxen Kerzen“ probiert, die hier überall in den Läden herumhängen. Sie sind mit Nüssen oder Trauben gefüllt und außen ist eine Art fester Gelee aus unterschiedlichen Obstsäften. Ich finde sie prima!

Heute ist unser letzter Tag der Reise, wir packen unsere Koffer und essen abends  in unserem Apartment in der Fabrika.

Fazit

Georgien ist ein faszinierendes Reiseland, dass viele Facetten bietet. Wunderschöne bizarre Landschaften mit Bergen und Felsen, karge Gegenden, kleine alte Orte oder Orte mit Wehrtürmen, die man bei uns nicht kennt. Die Straßen sind oftmals sehr gut, zum Teil aber noch katastrophal mit vielen Schlaglöchern oder fehlendem Belag. Aber es macht Spaß mit dem „eigenen Wagen“ herumzufahren, sofern es nicht über eine eigentlich unbefahrbare Strecke über den Kleinen Kaukasus geht.

Alte Sowjetarchitektur in den Städten wechselt ab mit stylischer, moderner Architektur. Es gibt sehr viele verlassene Häuser, aber auch schön hergerichtete Gebäude. Es gibt jede Menge interessante Klöster und Kirchen. Viele Menschen leben in einfachen Verhältnissen, scheinen aber mit ihrem Leben zufrieden zu sein. Das vielseitige Essen und der Wein begeistern ebenso. Man fühlt sich wohl beim Kennenlernen dieses Landes. 

Die Menschen, die wir näher kennenlernen durften oder mit denen wir länger sprachen, waren herzlich und sehr freundlich zu uns. Einzig, die Leute im Servicebereich wie in Supermärkten oder als Taxifahrer arbeiten, sind es offenbar nicht gewöhnt sich zu unterhalten oder gar zu lächeln. Das haben wir oftmals vermisst. Der Abstecher nach Armenien war wunderbar, so dass man Lust auf mehr Armenien bekommt. Und die Fahrt dorthin mit der tollen Gruppe war auch ein Highlight der Reise.

Für mich war Werner der ideale Begleiter für diese Reise. Wir haben jeden Tag viel erlebt, wir hatten viel Spaß und es hat, wie immer, gut gepasst. Ich freue mich schon auf die näxte gemeinsame Tour!