25.07.24: Familientreffen am Großglockner
Nachdem wir das Fahrradgepäck und die Fahrräder in Wien wieder im und am Bus verstaut haben, machen wir uns auf zur näxten Station in Heiligenblut. Dort wollen wir morgen meinen Bruder Volker und meine Schwägerin Heidi treffen, die gerade auf dem Weg von Tschechien nach Italien sind. Heute fahren wir nur schon einmal ein Stück Richtung Westen und wollen uns irgendeinen Stellplatz für die Nacht suchen. Optimalerweise mit Strom und Klo, zur Not reicht auch ein Parkplatz. Während Klaus fährt recherchiere ich schon mal, wo man auf der halben Strecke übernachten kann. Ich finde einige Stellplätze, die aber nur dann geöffnet haben, wenn in der Nähe auf dem Red Bull Ring Rennen stattfinden. Das ist heute nicht der Fall.
Dann finde ich Campingplätze, bei denen die Rezeption bereits geschlossen ist. Es ist ja auch schon 17:05 Uhr. Schließlich finde ich einen Platz, der noch bis 21:00 Uhr geöffnet hat und ungefähr auf halber Strecke liegt. Den steuern wir einfach an. Dann lese ich, dass da nur Personen ab 50 erlaubt sind, keine Kinder und keine Hunde. OK, diese Regeln erfüllen wir zwar, aber es scheint mir ein ziemlich spießiger Platz zu sein. Für eine Nacht ist es uns egal, aber nur alte Leute für die Urlaubstage? Wie schrecklich! Da würde ich niemals Urlaub machen. Wir werden mit einem Regenbogen in Fisching empfangen. Der Mann an der Rezeption ist sehr freundlich, obwohl er zuerst nach Kindern und Hunden fragt. Hätte ich ein Kind oder einen Hund dabei gehabt, dann hätten wir direkt wieder wegfahren müssen. Na gut, wussten wir vorher. Ich nehme also den Platz und bekomme gegen ein Pfand einen Schrankenschlüssel in die Hand gedrückt. Platz Nummer 1 soll unser Platz werden. So weit so gut.
Wir parken ein und ich studiere schon mal das lange Regelwerk des Platzes. Dann sehe ich auf das Papier mit dem Preis. Fast 50 Euro wollen sie von uns für eine Nacht haben. Puhh, bestimmt ist eine hohe Idyllengebühr enthalten. Die schönen Berge in der Nähe kann man vom Platz aus allerdings gar nicht sehen, weil sich drumherum ein hoher Bretterzaun befindet. Zu viele Eindrücke sind für die alten Menschen vermutlich nicht gut. Auf dem Platz ist alles schön gerade und gerichtet. Wegweiser führen uns zum Kräutergarten, zum Picknick Platzerl und zur Blumenwiese.Bestimmt gibt es für die Pflanzen auch ein Regelwerk. Natürlich begegnen uns wie erwartet nur alte Menschen in diesem Campingplatz-Pflegeheim. Wir fühlen uns wie am Filmset von The Walking Dead. Die Untoten wandeln umher und wir mittendrin. Hoffentlich sind es keine realen Zombies.
Wir machen es uns im Bus gemütlich, denn es fängt wieder an zu regnen. Das finde ich allerdings nicht schlimm, denn wir hatten bisher so viel Glück mit dem Wetter, insbesondere auf der Fahrradtour, dass es nun auch mal regnen darf. Nach dem Schauer machen wir einen Spaziergang durch den „Ort“, der allerdings nur aus einer Durchgangsstraße besteht. Hier ist es absolut ruhig, noch nicht einmal ein Auto fährt hier lang. In einer kleinen Kapelle kann man beten, dass hier mal was Spannendes passiert. Es ist die schiere Öde, das ist wirklich nicht mein Fall. Nie und nimmer würde ich hier Urlaub machen, schon gar nicht auf diesem Zombie-Platz.
Am näxten Morgen sehen wir zu, dass wir schnell hier wegkommen. Wir fahren weiter nach Heiligenblut und oben am Berg zu einem Ferienhof. Hier haben Volker und Heidi ein Zimmer für sich reserviert und wir dürfen mit dem Bus auf dem Hof stehen. Wir bekommen sogar Strom und haben einen grandiosen Ausblick auf die Bergwelt. Drei Kühe stehen in der Nähe auf der Weide. Wir setzen uns neben den Bus und warten auf die Verwandtschaft, die kurze Zeit später eintrudelt. Dann sitzen wir zu viert vorm Bus und genießen den Nachmittag zusammen bei traumhaftem Ausblick auf die Berge, Heiligenblut und insbesondere den Großglockner. In Heiligenblut war ich mit Klaus schon einmal vor 36 Jahren, als seiner Yamaha auf der Großglockner-Hochalpenstraße die Luft zu dünn wurde während meine Kawasaki davon nichts gemerkt hat und wir auf dem Campingplatz eine Nacht pausiert haben. Nun können wir genau diesen Campingplatz von oben sehen. Verrückt.
Während Volker und Heidi dann eine Pause in ihrem Zimmer einlegen, gehen Klaus und ich durch die Serpentinen runter nach Heiligenblut und besorgen noch ein paar Kleinigkeiten für‘s heutige Abendessen. Wir sehen uns zuerst die schöne Kirche an. Die Gräber liegen hier außen direkt an der Kirchenmauer und rings um die Kirche an einem Hang. Sie sind wunderbar gepflegt. Jedes Grab ist mit bunten Blumen geschmückt, so schöne Gräber habe ich bisher noch nie gesehen. Dann kaufen wir im kleinen Supermarkt ein und gehen wieder zurück nach oben zu unserem Ferienhof. Wir setzen uns zum Abendessen wieder vor den Bus und freuen uns über das Zusammensein und den schönen Blick auf Heiligenblut auf der einen Seite und den Großglockner auf der anderen Seite. Die Sonne lacht und Happy, der Border Collie, der zum Hof gehört, spielt mit uns „Stöckchenwegwerfen und Wiederholen“.
Als es dunkel wird verabreden wir uns zum Frühstück im Haus und gehen schlafen. Am näxten Morgen werden wir von der Sonne geweckt und können wieder den schönen Ausblick aus dem Busfenster genießen. Das Frühstück in der Bauernhofstube schmeckt und wir unterhalten uns mit den Besitzern über ihre Arbeit in dieser wunderschönen Gegend. Dann ist es Zeit, dass wir uns verabschieden. Ein paar Fotos von den Kühen und von Happy müssen aber noch sein, dann geht es für Volker und Heidi weiter nach Bossano di Grappa und für uns nach Mailand. In Italien benötigen wir für die Fahrräder am Bus zwei riesige Warntafeln, die ich vor der Abfahrt anbringe. Diese riesigen Kuchenbleche nerven ganz schön und ich bin noch nicht überzeugt, dass sie der Sicherheit dienen. In Italien müssen diese Bleche fünf rote Streifen haben. In Spanien und Portugal genügen drei rote Streifen, in anderen Ländern benötigt man sie gar nicht. Wer hat sich das bloß ausgedacht?
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28.07.24: Milano: Über den Dächern von Mailand
Wir fahren durch Südtirol, vorbei an Bruneck, Brixen, Bozen und dem Gardasee. Von der Autobahn aus sehen wir die drei Zinnen und weitere schöne Bergmassive, aber unser näxtes Ziel ist Mailand. Am späten Nachmittag landen wir auf dem Stadtcampingplatz in Milano. Er liegt relativ weit außerhalb der Stadt, so dass wir erst am näxten Morgen zur ersten Stadtbesichtigung aufbrechen wollen. Heute holen wir uns eine Pizza vom Platz und zusammen mit einem richtig leckeren Wein von Volker freuen wir uns, dass wir hier sind.
Am näxten Morgen fahren wir mit einem Bus zur U-Bahn und fahren mitten ins Zentrum. Nach einer dreiviertel Stunde stehen wir vorm Dom. Ohhhhh, sieht der klasse aus! Die Fassade mit lauter filigranen Spitzen ist sehr beeindruckend. Bevor wir in den Dom gehen, machen wir einen Abstecher zur Mailänder Börse und sehen uns die L.O.V.E. Skulptur an. Das ist ein 4,60 Meter hoher Stinkefinger aus Marmor. Das Akronym steht für libertà, odio, vendetta, eternita – Freiheit, Hass, Rache, Ewigkeit. Von den Mailändern wird die Skulptur nur il dito, der Finger, genannt. Die zum römischen Gruß ausgestreckte Hand, an der alle Finger bis auf den Mittelfinger abgebrochen sind, ist doppeldeutig. Es kann eine Karikatur gegenüber dem Faschismus darstellen, denn die Börse befindet sich in einem während des Faschismus gebauten Gebäudes. Es kann aber auch als Mittelfinger in Richtung Bevölkerung interpretiert werden. Jeder wie er meint. Ich bin jedenfalls sicher, dass in Deutschland kein Stinkefinger aufgestellt werden dürfte.
Nun ist es Zeit zur Mailänder Scala zu gehen. Wir haben dort eine Führung gebucht und Guido, unser Guide, verteilt am Anfang Audiogeräte für die Tour. Dann dürfen wir die ehrwürdigen Räumlichkeiten besichtigen. Im Sommer finden allerdings immer Renovierungsarbeiten statt, daher treffen wir ab und zu auf ein Gerüst. Guido erzählt uns sehr viel über das Gebäude, über Verdi, Rossini, Puccini und weitere Komponisten und die Sopranistin schlechthin: Maria Callas. Im dazugehörigen Museum sehen wir beispielsweise ein Spinett, mit dem Verdi die meisten seiner Werke komponiert hat.
Wir dürfen auch in die Logen gehen und uns den Opernsaal ansehen. Die Logen sind in plüschigem Rot genau so wie man sich die Mailänder Scala vorstellt. Die Führung gefällt uns sehr. Guido kennt sich gut aus und die Tour ist sehr spannend. Nach der Tour dürfen wir so lange bleiben wie wir wollen und uns im Museum umsehen oder nochmals zu den Logen gehen. Wir machen beides bis wir Durst bekommen. Dann legen wir eine Pause in meinem 93. Hard Rock Café ein, bevor wir zurück zum Opernplatz gehen. Hier warten wir auf unseren näxten Guide, der uns in den Dom und auf das Domdach führen wird. Dann kommt Guido um die Ecke, den kennen wir ja schon. Wir freuen uns, denn nun wird es sicher wieder spannend.
Wir gehen zuerst in den riesigen Dom, der die drittgrößten Kirche weltweit ist. Guido erzählt uns vom Bau des Doms, von den Prinzipien der gothischen Bauweise, vom gemusterten Marmorboden und viele andere Dinge. Dann geht es nach oben auf das Dach des Doms und wir sehen die vielen sehr filigranen Spitzen, auf denen vielfach Figuren stehen. Es gibt auch viele Gargoyles, die die bösen Geister abhalten. Guido sagt allerdings, dass die Gargoyles auch dazu dienen, dass das Regenwasser nicht am Gebäude entlang läuft und die Fassade dort beschädigt. Ganz oben angekommen haben wir nicht nur einen schönen Blick auf die Stadt und die Piazza vorm Dom, sondern auch auf eine schöne Rooftop-Bar die zum Luxuskaufhaus gegenüber gehört. Da wissen wir doch sofort, wo wir unsere näxte Pause einlegen können. Anschließend geht es zurück zum Campingplatz. Wir sehen uns mit meinem iPad die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris an. Wahnsinn, die Mannschaften fahren auf Booten auf der Seine entlang und es gibt viele tolle Musikbeiträge von z.B. Lady Gaga oder Celine Dion sowie eine gigantische Lightshow am Eiffelturm. Eine sehr gelungene Eröffnung, finden wir.
Am nächsten Morgen fahren wir zu Deus Ex Machina, dem ersten Café, Bike- und Lifestyle-Store in Europa. Hier gibt es gestylte Motorräder, Klamotten und ein cooles Café. Wir waren schon in einigen anderen Stores dieser besonderen Marke und freuen uns, dass es auch in Mailand eine Dependance gibt. Danach geht es weiter zum Cimitero Monumentale, der 1866 eröffnete Zentralfriedhof mit vielen künstlerisch interessanten Skulpturen auf den Gräbern. So etwas haben wir noch nie gesehen, schon gar nicht in dieser Fülle. Insbesondere leidende und um ihren Mann trauernde Frauen werden immer wieder dargestellt. Das ist schon irgendwie skuril. Für uns der beeindruckendste Friedhof von allen, die wir jemals gesehen haben und das waren nicht wenige.
Als Steigerung besuchen wir dann die Chiesa di San Bernardino alle Ossa, eine Knochenkirche, in der hunderte von Gebeinen, insbesondere Schädel an den Wänden bizarr angeordnet sind. Das gefällt sicher nicht jedem. Auf dem Weg zum Castello, der mittelalterlichen Festung Mailands, gehen wir zufällig an einem Apple-Store vorbei, dessen Eingang durch zwei Springbrunnen als Spalier führt. Das sieht gigantisch aus. Wir laufen weiter zum Castello und sehen uns ein wenig in den Festungsmauern um bevor wir wieder nach Hause fahren.
Wir verbringen den Abend am Bus und am näxten Morgen verlassen wir Mailand und Italien, um weiter nach Frankreich zu fahren.
Fazit zu Mailand
Mailand ist eine ausgesprochen sehenswerte Metropole. Insbesondere die Scala, der Dom und der Zentralfriedhof heben sich von allen anderen Opernhäusern, Kirchen und Friedhöfen deutlich ab. Wer sich für ganz besondere Städte interessiert, der sollte unbedingt einmal den Weg nach Mailand finden.
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29.07.24: Von Mailand durchs Land des Mineralwassers an die Atlantikküste
Heute haben wir einen langen Weg durch die Berge vor uns, denn wir sind auf dem Weg nach Lacanau-Oceán an der Atlantikküste und das ist nicht gerade um die Ecke von Mailand. Wir haben daher einen Zwischenstopp geplant. Während Klaus fährt, recherchiere ich nach einem geeigneten Platz in etwa auf der halben Strecke. Wir wollen unbedingt Lyon hinter uns bringen, denn durch Lyon fahren ist immer mit Stau verbunden. Jedenfalls war das bisher immer so. Aber heute ist Sonntag und es sind keine LKW unterwegs, so dass die Fahrt recht gut klappt. Einige Baustellen verursachen dann trotzdem kleinere Staus, aber die haben wir nur in Italien. Die Mautautobahnen sind ja fast immer gut in Schuss und baustellenfrei.
Wir müssen auch gelegentlich durch einen Tunnel fahren. Für einige wenige muss man zusätzlich ein paar Euro für die Durchfahrt bezahlen, das ist nicht ungewöhnlich. Dann stehen wir vorm Eingang des Frejustunnels, der zwischen Italien und Frankreich liegt und 13 Kilometer lang ist. Er führt durch das Mont Cenis-Massiv und verbindet Bardonecchia in Italien mit Modane in Frankreich. An der Zahlstelle sollen wir plötzlich 78,20€ bezahlen. Waaaaas? Wie viel? Bekommen wir gleich Prosecco und Bruschetta mit Tomaten bei der Einfahrt gereicht? Und Austern mit Weißwein und Kaviar bei der Ausfahrt in Frankreich? Nein, natürlich nicht. Es gibt nichts außer dem dunklen Tunnel. Unfassbar, so viel haben wir noch nie für eine Tunneldurchfahrt bezahlt. Auch nicht bei deutlich längeren. Das hat man davon, wenn man einfach dem Navi folgt. Trotzdem konnten wir diese Unverschämtheit wirklich nicht im Vorfeld ahnen.
Das Licht am Ende des Tunnels kommt aus Frankreich. Jetzt sind wir dem Ziel schon ein ganzes Stück näher. Ich finde einen Campingplatz in Volvic und lerne, dass das berühmte Mineralwasser aus diesem Ort stammt. Hier in der französischen Auvergne gibt es eine Grotte in 90 Metern Tiefe unter dem Vulkan Puy de Dôme mit der Quelle, aus der das teure Wasser für die Plastikflaschen gepumpt wird. Der Vulkan ist sogar auf dem Etikett abgebildet. Wir fahren an den Produktionshallen entlang, die sich direkt neben dem Campingplatz befinden.
Am näxten Morgen fahren wir weiter in Richtung Westen. Nun ist es nicht mehr weit bis nach Lacanau-Oceán. Allerdings war es nicht möglich auf „unserem“ Campingplatz Les Grands Pins einen Stellplatz zu reservieren. Im letzten Jahr hatte ich zusammen mit Rixa doch noch einen Platz für zwei Nächte ergattert als ich vor Ort nachgefragt hatte. Vielleicht haben wir ja diesmal auch Glück.
Kurz vor Lacanau-Oceán befindet sich der Stellplatz, auf dem ich im letzten Jahr mit Rixa eine Nacht verbracht habe. Direkt nebenan befindet sich der Hubschrauberlandeplatz, von dem aus der Hubschrauber zumeist dann losfliegen muss, wenn wieder mal jemand aus dem Meer gefischt wurde, der trotz roter Flagge schwimmen ging. Oder auch wenn andere Schwimmunfälle passieren. Da wir direkt an diesem Stellplatz vorbeifahren, halten wir an und stellen uns schon mal an dieselbe Ecke, in der ich im letzten Jahr auch stand. Nun haben wir schon mal einen Platz und können mit den Fahrrädern zum Lieblingscampingplatz fahren und fragen. Ich mache mir allerdings wenig Hoffnung, aber fragen kostet bekanntlich ja nichts.
Der Wetterbericht gibt für morgen eine schwere Hitzewarnung heraus. Es ist jetzt schon 36 Grad heiß, aber es kommt uns nicht so vor, denn hier weht immer etwas Wind vom Meer her. Das hatten wir schon mal schlimmer im Land ohne Schatten. Ich will mich gerade aufs Fahrrad schwingen, da entdecke ich, dass ich vorne schon wieder einen Platten habe. Na prima, also erst mal flicken und dann losfahren. Zum Glück habe ich genug Ersatzschläuche dabei und zu zweit geht die Reparatur schnell. Nun kann es endlich nach Lacanau-Oceán gehen. Juhu!
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02.08.24: Zum elften Mal in Lacanau-Oceán
Wir fahren mit dem Fahrrad zum altbekannten Campingplatz, um noch ein oder besser zwei Nächte reservieren zu können. Die Frau an der Rezeption ist sehr freundlich und gibt ihr bestes, aber es ist einfach kein Stellplatz mehr frei. Sie sagt, wir sollen immer mal auf der Webseite nachsehen, denn wenn jemand eher nach Hause fährt, dann wird plötzlich etwas frei. Das passiere ab und an. Schade! Wir hatten schon befürchtet, dass wir nicht hier stehen können. Dann fahren wir erst einmal zum Lacanau Surf Club. Wir sehen das blaue Haus schon von weitem und freuen uns wie kleine Kinder wieder einmal da zu sein. Das Banana Surf Café von gegenüber sieht allerdings etwas verwaist aus. Es wird ja hoffentlich nicht dauerhaft geschlossen sein. An der Tür finde ich ein Schild mit den Öffnungszeiten. „Montags geschlossen!“, steht da. Puhhh, Schwein gehabt, morgen ist es wieder geöffnet.
Wir sehen uns zuerst den Strand von der Strandpromenade aus an. Er ist tierisch voll. Schrecklich. Hier möchten wir uns keinesfalls zusammen mit hunderten von Sonnenanbetern im Sand wälzen. Wegen des Windes ist sowieso die rote Fahne gehisst und Schwimmen verboten, aber das kümmert viele Leute gar nicht. Der Rettungshubschrauber muss schließlich auch was zu tun kriegen. Wir schlendern weiter an der Strandpromenade entlang und sehen uns die Veränderungen an. Klaus war vor sieben Jahren zuletzt hier und kennt beispielsweise die Dachterrassen der Strandbars nur von meinen Fotos aus dem letzten Jahr. Vieles ist aber einfach wie immer. Den ersten Urlaub haben wir 1998 hier verbracht und dann waren wir immer mal wieder hier. Jedes Mal waren wir auf demselben Campingplatz, der nun leider nichts für uns frei hat.
Ich sehe immer mal wieder nach, ob zufällig ein Platz frei wird, aber das ist leider nicht der Fall. Dann entdecke ich auf der Webseite eine Unterkunft auf dem Campingplatz, die wie gerufen für uns kommt. Ein Zelt für Fahrradfahrer, die auf ihrer Fahrradwanderung eine Nacht dort übernachten möchten. Wir sind ja auch Fahrradwanderer, sind neulich erst 351 Kilometer von Wien nach Budapest gefahrradwandert. Ich buche erst eine Nacht und dann noch eine in diesem Zelt, das nur mit zwei Feldbetten ausgestattet ist. Das genügt uns, mehr brauchen wir nicht. Dafür dürfen wir auf „unseren“ Campingplatz und natürlich dort duschen, schwimmen, die Bar besuchen und zum zugehörigen Strandabschnitt gehen, der nicht so voll ist.
Am näxten Morgen werde ich schon früh vom Campingplatz angerufen. Isabell ist am Telefon und fragt nach den beiden Buchungen. Es ist dieselbe Isabell, die auf meine E-Mail mit der Frage nach einem Stellplatz für einen VW-Bus geantwortet hatte. Nun wundert sie sich und fragt, ob wir wirklich Fahrräder haben. Ich erkläre ihr, dass das so ist und wir gerne auf unserer Fahrradwanderung auf dem Hin- und Rückweg eine Nacht in so einem Fahrradzelt bleiben würden. Sie sagt, dass es auf dem ganzen Campingplatz nur ein Fahrradzelt gibt und dass wir darin übernachten können. Die Buchungsbestätigung erfolgt umgehend. Prima, das hat ja gut geklappt. Den Bus können wir natürlich nicht mitnehmen, der bleibt einfach auf dem Stellplatz am Hubschrauberlandeplatz stehen.
Nach dem Frühstück fahre ich rüber auf den Nachbarcampingplatz, um das Waschhaus aufzusuchen. Ich fahre vorsichtig und nicht allzu schnell auf das Gelände, als von rechts ein Teeny auf ihrem Fahrrad rasend schnell um die Ecke kommt. Sie kann nicht mehr bremsen und ich kann nicht weit genug ausweichen, so dass sie mit ordentlich Schwung in mein Vorderrad kracht. Wir fallen beide hin. Ich sortiere mich und glaube, dass ich OK bin. Dann frage ich sie, ob es ihr gut geht. Sie entschuldigt sich und sagt, dass alles in Ordnung ist. Wir steigen wieder auf und fahren weiter.
Nachdem ich zurück bin auf unserem Stellplatz merke ich erst, dass ich eine Schürfwunde am Beim habe. Die ist allerdings harmlos, das wird schon wieder. Schlimmer ist die leichte Acht in meinem Vorderrad. Damit fährt es sich nicht so gut. Da muss ich mich mal zu Hause drum kümmern. Wir fahren dann wieder in den Ort und gehen zum Markt, der jeden Mittwoch stattfindet. Anschließend laufen wir am Strand entlang und genießen die Planlosigkeit. Das ist auch mal schön, wenn es nicht zu lange dauert.
Auf dem Rückweg zum Bus merke ich plötzlich ein Auf und Ab an meinem Hinterrad. Oh no, ich habe einen Platten, der dritte innerhalb dieses Urlaubs. Zum Glück habe ich Pannenspray dabei, damit kann ich zumindest bis zum Bus langsam weiterfahren. Dann flicken wir eben auch noch das Hinterrad, war ja lange nicht dran.
Nun ist es Zeit unsere Gepäcktaschen zu packen und auf Les Grands Pins zu fahren. Wir werden freundlich empfangen und fahren mit dem Fahrrad bis zu unserer neuen Bleibe. Das Zelt für Fahrradwanderer ist zwar nur mit dem Nötigsten ausgestattet, aber es gefällt uns richtig gut. Wir haben eine große Terrasse mit Relaxstühlen, ein Vordach mit Tisch und zwei weiteren Stühlen und im Zelt zwei Betten, eine Lampe und einen kleinen Nachttisch. Das war‘s. Wir sind sehr zufrieden. In unseren Gepäcktaschen ist alles, was wir sonst noch so brauchen, inklusve Wein und Gläser. So lässt es sich aushalten.
Jetzt gehe ich erst mal eine Runde schwimmen und dann duschen. Diesen Luxus haben wir ja drüben auf dem Stellplatz nicht. Dann bestellen wir eine Pizza an der Campingplatzbude und essen sie in der Bar, in der wir beim Essen auch die Olympischen Spiele auf einem großen Bildschirm verfolgen können. Prima. Zum Abschluss des Tages setzen wir uns auf unsere Terrasse mit einem Schlückchen Wein.
Wir schlafen gut auf den Feldbetten und nutzen am näxten Morgen die Gelegenheit die Wäsche zu waschen. Die kann während des Tages trocknen, wenn wir unterwegs sind. Dann fahren wir zum Frühstücken zum Bus, denn in unserem Buskühlschrank ist alles, was wir dazu brauchen. Zurück auf Les Grands Pins machen wir uns auf zum Strand. Es gibt einen kleinen beaufsichtigten Abschnitt mit rot-gelber Fahne, allerdings auch mit einem Schild für „gefährliche Brandung“.
Ich gehe ins Wasser und werde von der näxten Welle direkt weggerissen und auf den Sandboden geworfen. Alles klar, daher das Schild, das da zurecht steht. Trotzdem macht es Spaß sich in den Wellen fallenzulassen, wieder hochzukommen und noch mal reinzuspringen. Sogar die wasserscheue Landratte geht einmal in die Wellen. Wir bleiben eine Weile am Strand und treten dann den Heimweg an, um ins ruhige Wasser des campingplatzeigenen Pools zu wechseln. Hier toben keine Wellen, dafür ist es aber auch nicht so sandig.
Das Abendessen kaufen wir im Supermarkt und dann setzen wir uns vor den riesigen Bildschirm, der auf der Bühne aufgebaut ist. Wir sehen das Finale im Mehrkampf Geräteturnen und fiebern für Simone Biles mit, ein Ausnahmetalent aus den USA. Sie gewinnt die Goldmedaille. Der ganze Wettkampf ist sehr spannend und wir können hier quasi dabei sein.
Dann ist es Zeit für einen Spaziergang zum Strand am Abend. Wir wollen die Sonne im Meer versinken sehen, was uns auch gelingt. Ein schöner Abschluss des Tages bevor wir wieder in unser schönes Zelt gehen.
Morgens müssen wir zeitig aus dem Zelt ausziehen, daher packen wir unsere Packtaschen und treten die weite Reise zurück zum Bus an. Dort frühstücken wir und dann machen wir tatsächlich eine Fahrradtour nach Le Moutchic. Das liegt am Lac de Lacanau und wir erreichen den Ort nach einer Viertelstunde. Wir fahren ein bisschen am See entlang, an dem wir früher auch immer waren und dann geht es zurück zum Bus. Den müssen wir heute ordentlich packen, denn morgen geht es in aller Frühe weiter.
Heute Abend fahren wir aber ein letztes Mal zur Strandpromenade. Dort essen wir Moules et Fritesund schlendern anschließend über den Nachtmarkt. Ich habe, wie immer, strenges Kaufverbot, aber eine schöne Kleinigkeit findet sich ja immer. Und wer hält sich schon an alle Regeln!
Fazit zu Lacanau-Oceán
Der Abstecher in den Urlaubsort, in dem wir so oft vorher schon waren, hat uns supergut gefallen. Wir haben uns immer wieder an die vielen Begebenheiten von früher erinnert und haben eigentlich die gleichen Dinge gemacht wie sonst auch. Der glückliche Umstand, dass wir zwei Nächte auf Les Grands Pins verbringen durften, hat uns auch sehr gut gefallen, denn auch an diesem Platz hängen viele Erinnerungen. Wir kommen ganz sicher wieder!
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